Ballett

Peer Gynt

Johan Inger

Ballett in zwei Akten

Premiere 5. Juni 2022

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          Stück-Info

          Der junge Abenteurer Peer Gynt zieht aus, um ›König der Welt‹ werden. Er verführt und verlässt, immer auf der Suche nach sich selbst. Unterwegs trifft er auf viele wohlwollende wie auf intrigante Menschen, wird inspiriert, aber auch betrogen und nirgendwo wirklich akzeptiert. Neben seiner greisen Mutter Aase, die er schweren Herzens zu Grabe trägt, ist es nur das Mädchen Solveig, das ihn liebt und ein Leben lang in der Heimat auf ihn wartet, denn so lang dauert es, bis Peer nach Hause zurückkehrt. Der schwedische Choreograf Johan Inger, in Dresden zuletzt mit »Walking Mad« und »Carmen« zu erleben, adaptiert die Lebensreise und Identitätssuche des unsteten Glückssuchers Peer Gynt in ein abendfüllendes, 2017 in Basel uraufgeführtes Ballett. In einem spartenübergreifenden Gesamtkunstwerk aus Tanz, Pantomime und Gesang, mit einer eindrücklich erzählenden Körpersprache, Witz und Humor übersetzt Inger dabei die Lebens- und Erfahrungsstationen Peer Gynts auf einzelne Abschnitte seines eigenen Werdegangs als Künstler.

          Handlung

          Erster Teil
          Peer Gynt, jung, wild und unbekümmert, lebt mit seiner Mutter Aase auf dem Land. Er fühlt sich unwohl in der Enge der Dorfgemeinschaft. Nur in dem Mädchen Solveig findet er eine Vertraute. Doch bevor sie sich näherkommen können, entführt Peer auf einer Hochzeitsfeier im Überschwang die junge Braut Ingrid und läuft mit ihr davon. Dieser Spaß verliert für ihn jedoch schnell seinen Reiz und er verlässt das Mädchen. Neugierig durchstreift Peer die Berge und gelangt zu den Trollen. Er begegnet seltsamen Wesen und wird von der ›Grünen‹ verführt. Die Welt des Trollkönigs fasziniert den jungen Abenteurer. Doch auch hier kann er sich nicht einfügen und bald wird es Peer unheimlich bei den Trollen und er zieht weiter. Unterwegs begegnet er drei Milchmädchen und dem ›Krummen‹, den er nicht sehen, wohl aber hören kann. Er scheint Peer zu kennen und redet ihm ins Gewissen. So beschließt Peer, zu Solveig zurückzukehren und sich mit ihr eine Hütte zu bauen. Doch seine Vergangenheit holt ihn ein, als ihn die ›Grüne‹ aufsucht und mit dem gemeinsamen Kind konfrontiert. Verwirrt und verloren sucht Peer Halt bei seiner alten Mutter, die im Sterben liegt. Nach ihrem Tod hält ihn nichts mehr und er zieht in die weite Welt.

          Zweiter Teil
          Peer fühlt sich wie ein Kaiser, als er Anitra trifft, sich in sie verliebt und ihr in ihre Heimat folgt. Doch Anitra verlässt ihn und Solveig kommt ihm wieder in den Sinn. Voll Heimweh denkt er über sich und sein Leben nach. Wieder hat er den Eindruck, nirgendwohin zu gehören und kehrt zurück zum Haus seiner Mutter. In seiner Verzweiflung und Rastlosigkeit tötet er sogar einen Mann. Viele Jahre später ist Peer zu einem griesgrämigen, alten Mann geworden, der jeden Abend allein Zuhause sitzt. Immer wieder verfolgen ihn alptraumartig die Schatten seiner Vergangenheit, die Menschen, die er verletzt oder verlassen hat. Wie im Traum hört er da Solveigs Lied, die ihr ganzes Leben lang auf ihn gewartet hat. Als er sie schließlich gefunden hat, fällt er in ihre Arme  und kann nun endlich für immer  in ihrem Schoss ausruhen.
           

          Werkeinführung

          Für sein zweites abendfüllendes Ballett hat sich der schwedische Choreograf Johan Inger der abenteuerlichen Lebensreise des norwegischen Dramenhelden »Peer Gynt« aus der Feder Henrik Ibsens angenommen. Die Energie, die Ibsens unbequemer Held bei der Suche nach seiner Bestimmung und nach dem Sinn seiner Existenz stellt, faszinieren Inger, und lassen ihn Parallelen zu seinem eigenen künstlerischen Werdegang als Tänzer und Choreograf erkennen. Dramaturgin Juliane Schunke gibt Einblicke in die Geschichte des »nordischen Faust« und den Schnittstellen zu Johan Ingers eigener Biografie und Interpretation.

          Porträtzeichnung der Dramaturgin Juliane Schunke
          Juliane Schunke, Dramaturgin; Zeichnung nach einem Foto von Ian Whalen

          Pausengespräch mit Gregor Acuña-Pohl

          Der Dramaturg Gregor Acuña-Pohl ist seit vielen Jahren ein enger Mitarbeiter des schwedischen Choreografen Johan Inger und vertraut mit seinen Arbeiten. Er ist Schauspieler, Pantomime, Akrobat und eben auch Dramaturg. Johan Inger kennt er seit vielen Jahren und bevor sie zusammengearbeitet haben, waren sie Freunde. Ihre erste gemeinsame Arbeit war »B.R.I.S.A.« für das NDT. Auf der Suche nach einem neuen Stoff stießen sie auf Henrik Ibsens dramatisches Gedicht »Peer Gynt« und für Gregor Acuña-Pohl war sofort klar: Das ist die Geschichte eines Lebens – übertragen auf das Leben auf Johan Inger. Was folgte war ein intensiver Prozess zwischen Dramaturg und Choreograf, die einzelnen Stationen von Peer Johan Inger Gynt herauszuarbeiten. 

          Porträtzeichnung des Dramaturgen Gregor Acuña-Pohl
          Gregor Acuña-Pohl, Dramaturg; Zeichnung Semperoper

          Interview

          Wir müssen vor allem fähig sein, uns selbst zu vergeben

          Der Choreograf Johan Inger im Gespräch 

          Warum »Peer Gynt«? Was waren deine ersten Überlegungen zu diesem Stoff?

          Johan Inger Ich habe Henrik Ibsens »Peer Gynt. Ein dramatisches Gedicht« nach vielen Jahren wieder gelesen, und gemeinsam mit meinem Dramaturgen Gregor Acuña-Pohl ergaben sich fruchtbare Gespräche über die Figur und den Stoff. Sehr bald kristallisierten sich in den Gesprächen und der Idee, ein abendfüllendes »Peer Gynt«-Ballett zu kreieren, die Parallelen der Figur zu meinem eigenen Leben heraus, die sich vor allem in Peers Reisen manifestieren. Da sind zum einen die verschiedenen Orte und die Länder, in denen ich gelebt habe; und eng damit verbunden spiegelt sich darin auch meine ganz persönlichen Reise durch die Kunstform Tanz. Ich habe sehr traditionelles klassisches Ballett getanzt, bin weitergezogen an das Nederlands Dans Theater, habe mit vielen verschiedenen zeitgenössischen Choreografen gearbeitet und dann selbst begonnen, Stücke zu kreieren. Ich wurde recht jung zum Chef des Cullberg Balletts. Das eröffnete mir ganz neue Aspekte, neue Perspektiven auf die Tanzwelt. Im Moment lebe ich in Spanien und reise als freischaffender Choreograf viel um die Welt. Diese eigenen Lebensstationen habe ich sozusagen in der Konzeption dieses Balletts auf die Figur Peer Gynt übertragen.

          Peer Gynt tanzt sich in deinem Stück nicht einfach durch die literarische Vorlage; ist er denn in deinem Stück selbst zum Tänzer geworden?

          Johan Inger Ja, er ist ein Tänzer. Seine Stationen sind das Königlich Schwedische Ballett in Stockholm. Aber er fühlt sich künstlerisch nicht wirklich zu Hause dort. Er bleibt ein Fremdkörper – fühlt sich im wahrsten Sinne des Wortes fremd in seinem Körper. Das ist natürlich genau meine Geschichte, die Peer da zu Beginn auf der Bühne zeigt. Und ebenso wie für Peer in diesem Ballett, war auch für mich das Stück »Gamla Barn« von Mats Ek eine Art künstlerisches Erweckungserlebnis. Es hat mich gepackt, aufgewühlt, mir gezeigt, dass Tanz noch viel tiefer gehen kann, subtilere Emotionen heraufbeschwören zu vermag, als es das klassische Ballett bei mir je konnte. »Gamla Barn« hat meine Vorstellung von Tanz komplett verändert, mich total inspiriert. 

          Heißt das, dass wir an diesem Ballettabend einen Originalausschnitt aus dem Stück »Gamla Barn«, das 1989 von Mats Ek choreografiert wurde, sehen werden?

          Johan Inger Freundlicherweise hat Mats Ek mir erlaubt, eine Sequenz aus »Gamla Barn« in meinen »Peer Gynt« einbauen zu dürfen. Wir haben uns für diese Sequenz auch von den Originalkostümen inspirieren lassen, und so sind die Figuren gut wiedererkennbar. Ich freue mich wirklich sehr, dass ich mich nach Jahren diesem Stück, das mir persönlich viel bedeutet, auf eine ganz neue Art nähern kann. Nicht als Tänzer, sondern als Choreograf, der es zitiert. 

          Du selbst warst Tänzer beim Nederlands Dans Theater, später wurdest du Direktor des renommierten Cullberg Balletts – und schickst nun in diesem Ballett auch deinen Protagonisten Peer an diese Stationen.

          Johan Inger Für mich war das Nederlands Dans Theater definitiv der Höhepunkt meiner Tänzerkarriere. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt und so viel gelernt. Ich wurde zum Choreografen und habe dann auch noch das Angebot bekommen, Direktor des Cullberg Balletts zu werden. Mehr geht eigentlich gar nicht. Peer Gynt sagt bei Henrik Ibsen: »Ich werde der Kaiser der Welt.« Und genau das ist er auch in diesem Moment in diesem Ballett.

          Jetzt bist du ein erfolgreicher freischaffender Choreograf und lebst mit deiner Familie in Spanien. Hier müsste nun eigentlich auch die Reise des Tänzers Peer Gynt enden. Ist es ein Blick in deine eigene Zukunft, die du mit dem Ende des Balletts auf die Bühne bringst?

          Johan Inger Richtig, ab einem gewissen Zeitpunkt – auf der Bühne gibt es an dieser Stelle ein Blackout – wird das Geschehen rein spekulativ; ich weiß natürlich nicht, was die Zukunft bringt, und deshalb bekommt hier Ibsens Geschichte wieder Bedeutung für mich. Die Fragen: wer man ist, was man ist, wer will man sein, und auch wer will man eigentlich nicht sein, stellen wir uns irgendwann. Das Bild vom Schälen der Zwiebel ist doch recht einprägsam am Ende der Geschichte. Es ist eine wunderbare Metapher für das Fragen und Suchen und auch das Hinterfragen, wenn man älter wird, reifer. Ein kritischer Rückblick auf die eigene Vergangenheit. Meinen Tänzer Peer also schicke ich ab dem Moment, an dem er in der Gegenwart ankommt, in eine imaginierte Zukunft. Ich habe mir eine Zukunft und ein Ende für Peer ausgedacht, das ich eher fürchte, als dass ich es mir wünschte. Ich lasse ihn ganz bewusst die falschen Entscheidungen treffen. Es ist der Punkt Null in der Inszenierung. 

          Könnte man die Reise deines Peers und die Fragen nach dem »Wer sind wir?« mit deiner künstlerischen Suche nach oder der Auseinandersetzung mit einem eigenen Stil gleichsetzen? Als eine – grob gesagt – Metapher für das kreative Schaffen?

          Johan Inger So, wie man sich im Leben diese Fragen vielleicht stellt, so stellt man sie sich natürlich auch als Künstler. Das muss man, das muss ich. Ich verspüre als Künstler ganz stark den Drang danach. Als Choreograf beginnt man mit einer Handvoll ›tools‹ die man bis dahin erfahren, gelernt hat: die Stile, die choreografische Sprache, die Musik, mit der man bisher zu tun hatte. Und dann gibt es den Punkt, an dem man mehr will, mehr wissen möchte – und einen Schritt weitergehen muss; einen Drang, künstlerisch nach etwas zu fragen, das anders ist als alles, was man bisher erlebt und geschaffen hat. Ich würde das mit einer Art Identitätskrise gleichsetzen: so drängend und gelegentlich schmerzhaft ist dieser Impuls.

          Das Ende von »Peer Gynt« beinhaltet ja die Botschaft, dass, wie Marie Luise Kaschnitz so schön über Peer sagt, die Hoffnung auf Erlösung nur in der Liebe liegt. Ist das auch die Botschaft deines »Peer Gynt«?

          Johan Inger Ja. Liebe, Hoffnung, Vergebung – das sind menschliche Bedürfnisse. In dieser Welt der großen Missverständnisse sind diese Qualitäten extrem wichtig und machen uns zu Menschen. Durch sie erlangen wir ein Verständnis für eine Art Weisheit. Es geht ja in diesem Stück auch um Weisheit. Und um die Erkenntnis, dass wir am Ende alle allein sterben werden. Wir können einander vergeben, aber wir müssen vor allem fähig sein, uns selbst zu vergeben. Wenn es eine andere Welt gibt, dann ist das das Wichtigste, das du mitnehmen kannst. 

          Das Gespräch führten Bettina Fischer und Gregor Acuña-Pohl für das Programmheft der Uraufführung von »Peer Gynt« am Theater Basel.

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