Inspiriert von orientalischen Märchen und mit bewunderndem Blick auf Mozarts »Die Zauberflöte« schufen Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal mit ihrer vierten gemeinsamen Oper »Die Frau ohne Schatten« von 1919 ein gleichermaßen rätselhaftes wie...
Oper in drei Akten
Text von Hugo von Hofmannsthal
In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
Premiere
23. März 2024
Kurz gefasst
Inspiriert von orientalischen Märchen und mit bewunderndem Blick auf Mozarts »Die Zauberflöte« schufen Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal mit ihrer vierten gemeinsamen Oper »Die Frau ohne Schatten« von 1919 ein gleichermaßen rätselhaftes wie faszinierendes, symbolreiches und klangmächtiges Riesenwerk. Es geht vor dem Zeithorizont seiner Entstehung – zwischen den verheerenden Erfahrungen des Ersten Weltkrieges und den aufkommenden Erkenntnissen der Psychoanalyse – um nichts weniger, als um die Frage, wie der Mensch angesichts von millionenfachem Tod und emotionaler Erstarrung wieder zu Liebe und Humanität gelangt.
Und so folgen wir der Kaiserin, die einst als Feentochter des Geisterkönigs Keikobad in Gazellengestalt vom Kaiser erjagt und zur Frau genommen wurde, auf der Suche nach dem ihr Fruchtbarkeit und Menschwerdung verheißenden Schatten. Als sie erkennt, dass sie diesen nur auf Kosten des Unglücks des treu liebenden Färbers Barak und seiner Frau erringen könnte, verzichtet sie – auf die Gefahr hin, ihrem Mann, den Kaiser, damit der Versteinerung auszuliefern. Es ist aber gerade diese Einsicht in die Kraft der menschlichen Liebe und ihre Fähigkeit zum Wandel, die die Kaiserin zum Menschen werden, und das Märchen gut enden lässt.
Handlung
Vorgeschichte
Einst wurde die Kaiserin in Gestalt einer Gazelle von ihrem Mann, dem Kaiser, mithilfe von dessen Falken erjagt. Sie ist die Tochter des strengen und mächtigen Geisterkönigs Keikobad, der ihr eine einjährige Frist setzte: Sollte sie in dieser Zeit keinen Schatten werfen und somit unfruchtbar bleiben, wird der Kaiser zu Stein erstarren und die Kaiserin zu ihrem Vater zurückkehren.
1. Akt
Ein Bote Keikobads befragt die Amme der Kaiserin, ob diese mittlerweile einen Schatten werfe. Da diese verneint, verkündet er den Ablauf der Frist innerhalb von drei Tagen. Die Amme verschweigt zwar den Besuch, doch die Kaiserin erfährt durch den Falken von der drohenden Versteinerung des Kaisers. Sie fleht die Amme an, ihr zu helfen. Die Amme schlägt ihr vor, in der Welt der Menschen einen Schatten zu erlangen. Dort treffen sie auf den Färber Barak und dessen Frau, die, wie die Kaiserin, zur Heirat genötigt wurde und sich nach Freiheit sehnt. Auch wenn sich Barak inständig Kinder wünscht, ist die Ehe bislang kinderlos geblieben. Die Amme überredet die junge Frau, ihren Schatten an die Kaiserin abzugeben. Allein geblieben, wird die Färberin von Schuldgefühlen geplagt und hört die Stimmen der ungeborenen Kinder.
2. Akt
Als Barak am Morgen das Haus verlässt, lässt die Amme einen Jüngling erscheinen, der die junge Frau verführen soll, was jedoch durch die überraschende Heimkehr ihres Mannes verhindert wird. Der Kaiser sucht mittlerweile die Kaiserin; als er sie bei den Menschen findet, fühlt er sich betrogen und droht, sie umzubringen. Die Amme verabreicht Barak einen Schlaftrunk und lässt abermals den Jüngling erscheinen, doch die Färberin verwehrt sich, weckt Barak und konfrontiert ihn mit zahlreichen Vorwürfen. Die Kaiserin wird von Mitleid um Barak gequält. Gleichzeitig erblickt sie die angedrohte Versteinerung ihres Mannes im Traum. Beiden Männern gegenüber fühlt sie sich schuldig. Baraks Frau provoziert ihren Mann durch die Beichte ihres vermeintlichen Ehebruchs und den Verzicht auf ihren Schatten, wodurch sie keine Kinder mehr bekommen kann. Der verzweifelte Ehemann droht, sie zu töten. Die Amme fordert die Kaiserin auf, den Schatten der Frau endlich an sich zu nehmen, was diese jedoch ablehnt. Die Färberin gibt zu, den Treuebruch vorgetäuscht zu haben und stellt sich ihrem Schicksal. Als Barak zum tödlichen Hieb ausholt, öffnet sich die Erde und beide werden in die Tiefe gerissen.
3. Akt
Barak und seine Frau finden sich in getrennten Kammern wieder. Sie sehnen sich nach einander und bereuen ihre Schuld. Eine Stimme verkündet ihnen, dass der Weg zueinander frei sei; führt jedoch beide in unterschiedliche Richtungen. Die Kaiserin ist entschlossen, sich dem Gericht ihres Vaters Keikobad zu stellen, um ihren Mann zu retten. Sie sagt sich von der Amme los und tritt in das Felsenreich Keikobads. Die Amme wird in die ihr verhasste Menschenwelt zurückgeschickt. Außerhalb des Felsens hört die Kaiserin den umherirrenden Barak und seine Frau. Sie fordert Keikobad vergeblich dazu auf, Gericht über sie zu halten. Als ihr angeboten wird, vom Wasser des Lebens zu trinken, um so den Schatten zu erlangen, weist sie ihn zurück. Lieber will sie mit dem Kaiser sterben, als Schuld auf sich zu laden. Da erscheint der Kaiser, der durch ihren Verzicht zum Leben erwacht ist und die Kaiserin beginnt, einen Schatten zu werfen. Barak und seine Frau, die ihren Schatten wiedererlangt hat, finden zusammen. In den Jubel der Paare mischen sich die Stimmen der ungeborenen Kinder.