Ballett

White Darkness

William Forsythe / Sharon Eyal / Nacho Duato

Der mehrteilige Abend des Semperoper Ballett bietet eine emotionale Tour de Force durch die jüngere Tanzgeschichte.

Dreiteiliger Ballettabend

Premiere
3. Juni 2023

Kurz gefasst

Der mehrteilige Abend des Semperoper Ballett bietet eine emotionale Tour de Force durch die jüngere Tanzgeschichte. Der Abend beginnt mit »The Second Detail«, einem modernen Klassiker aus dem Jahr 1991 von William Forsythe, der virtuos die Formen- und Bewegungssprache des klassischen Balletts an die Grenzen des Gleichgewichts und der Raumorientierung treibt. Im Juni 2023 stellte sich die israelische Schöpferin Sharon Eyal mit »Half Life« an der Semperoper vor. Ihre Kreation steckt voller intensiver Kontraste: Bühne trifft auf Zuschauer, Individuum auf Kollektiv, Klangfläche auf Raum. All das macht »Half Life« zu einem mit allen Sinnen erfahrbaren Meisterwerk, dessen Spannungsreichtum vom Minimalistischen bis ins Extreme reicht. Den Abschluss bildet die aus Trauer um seine verstorbene Schwester geschaffene Choreografie »White Darkness« des Spaniers Nacho Duato aus dem Jahr 2001. Ein Requiem voller Schmerz und Hinwendung zu einem Menschen, der den Glauben an die Liebe verloren hat und das Vergessen sucht. Ein intensiver Abend, der den Tanz als Ausdruck von Formwille, Lebensfreude wie auch tiefstem Mitgefühl feiert.

Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass während des Ballettabends »White Darkness«, insbesondere im zweiten Teil »Half Life« (Dauer ca. 45 Minuten), ein Lärmpegel von 85 dB, kurzfristig auch 95 dB, überschritten wird. Darüber hinaus können Basstöne in einem niedrigen Frequenzbereich zu körperlich spürbaren Schwingungsbelastungen führen.

Handlung

William Forsythe »The Second Detail«
Im Jahr 1991 feierte William Forsythes (*1947) »The Second Detail« am National Ballet of Canada seine Uraufführung und gilt zwischenzeitlich als ein moderner Klassiker des Choreografen. »The Second Detail« – der Titel weist bereits darauf hin – erfordert so etwas wie den zweiten Blick auf den Beziehungsreichtum der Choreografie. Virtuos treibt William Forsythe die Tänzer*innen ausgehend von der Formen- und Bewegungssprache des klassischen Balletts an die Grenzen des Gleichgewichts und der Raumorientierung. Durch die im weißen Kleid von Issey Miyake hinzutretende Solistin weitet sich die Neoklassik hin zum Ausdruckstanz – um in einer ironisch-spielerischen Volte zu enden. Bei aller Analytik und spielerischen Ironie wirkt das Werk unmittelbar sinnlich, nicht zuletzt auch wegen der elektronischen Musik, die von Thom Willems eigens für diese Choreografie entwickelt wurde.

Sharon Eyal »Half Life«
Die israelische Choreografin Sharon Eyal (*1971) zählt zu den führenden Choreografinnen der zeitgenössischen Tanzszene. Dabei ist die Prägung Sharon Eyals durch die legendäre Batsheva Dance Company von Ohad Naharin unmittelbar in der rhythmusbasierten Körperlichkeit ihrer Arbeit erfahrbar. So auch bei »Half Life«, einer Arbeit, die sie 2017 für das Königlich Schwedische Ballett Stockholm kreierte, und mit der sie sich zum ersten Mal in der Semperoper vorstellt. Mit enormer Sogwirkung treibt sie die Gruppe der Tänzer*innen zu den pulsierenden Beats von Ori Lichtik voran, als wären sie im Dunkel der »Halbwertzeit« einer Techno-Dance-Night zu einem einzigen dynamischen Organismus verschmolzen.

Nacho Duato »White Darkness«
Aus dem Dunkel der Trauer um seine verstorbene Schwester schuf der spanische Choreograf Nacho Duato (*1957) 2001 seine Choreografie »White Darkness« für die Compañía Nacional de Danza Madrid. Es ist ein Requiem voller Schmerz und Hinwendung zu einer Frau, die den Glauben an die Liebe verloren hat und das Vergessen sucht. Ihr Weg führt sie in die Sucht; auf kurze Lichtblicke folgen Enttäuschung, Entfremdung, Isolation und der Tod. »Ich bin zutiefst betroffen darüber, wie traurig es ist, wenn junge Menschen durch Drogen ihr Leben ruinieren und in eine dunkle Welt abrutschen, eine Welt, die so dunkel ist, dass es kein Entrinnen aus ihr gibt.«

Entdecken

Stücktrailer

White Darkness

Der mehrteilige Abend des Semperoper Ballett bietet eine emotionale Tour de Force durch die jüngere Tanzgeschichte. Der Abend beginnt mit The Second Detail, einem modernen Klassiker aus dem Jahre 1991 von William Forsythe (*1949), der virtuos die Formen- und Bewegungssprache des klassischen Balletts an die Grenzen des Gleichgewichts und der Raumorientierung treibt. Mit Half Life von 2017 stellt sich die israelische Choreografin Sharon Eyal (*1951) zum ersten Mal in der Semperoper mit einer ihrer dem Anschein nach direkt einer Techno-Nacht entsprungenen, energiegeladenen Arbeiten vor. Den Abschluss bildet die aus Trauer um seine verstorbene Schwester geschaffene Choreografie White Darkness des Spaniers Nacho Duato (*1957) aus dem Jahr 2001. Ein Requiem voller Schmerz und Hinwendung zu einem Menschen, der den Glauben an die Liebe verloren hat und das Vergessen sucht. Ein intensiver Abend, der den Tanz als Ausdruck von Formwille, Lebensfreude wie auch tiefstem Mitgefühl feiert.
Making-of

White Darkness – Making-of (3)

Den Abschluss des Ballettabends White Darkness bildet das dem Tanzabend titelgebende Stück White Darkness des für seine Arbeiten – unter anderem mit dem Prix Benois de la Danse for Best Choreographer – international ausgezeichneten Spaniers Nacho Duato. Sein in der Trauerzeit um seine verstorbene Schwester kreiertes und 2001 von der Compañía Nacional de Danza Madrid uraufgeführtes Tanz-Requiem erzählt intensiv von Liebe, Verlustschmerz und Mitgefühl, aber auch von der Suche nach Lebensfreude und Hoffnung im Tanz. Die Musik zu White Darkness schuf mit Karl Jenkins einer der meistaufgeführten Komponisten im Bereich Klassik-Crossover, Weltmusik und New Age. Als ehemaliges Mitglied der Jazz-Rock-Gruppe Soft Machine und weltweit mit Doktortiteln gewürdigter Musiker verweist der Waliser auf ein silber-, gold- und platinveredeltes Oeuvre. 
Making-of

White Darkness – Making-of (2)

Half Life stellt erstmals eine Arbeit der israelischen Choreografin Sharon Eyal in der Semperoper vor. Auch sie darf sich als ehemalige Tänzerin und Hauschoreografin der Batsheva Dance Company und Mitbegründerin des Ensembles L-E-V zu den führenden Kunstschaffenden der zeitgenössischen Tanzszene zählen. In ihrer 2017 für das Königlich Schwedische Ballett Stockholm kreierten Arbeit fordert sie die Tänzer*innen bis an die physischen Grenzen des individuellen Ausdrucks, um das Ensemble endlich zu den Beats des Musikers Ori Lichtik – einem der Gründungsväter der israelischen Technoszene – zu einem gleichlautenden dynamischen Organismus verschmelzen zu lassen.
Making-of

White Darkness – Making-of (1)

Den dreiteiligen Ballettabend White Darkness eröffnet die 1991 in Kanada uraufgeführte und bereits zu den Ballettklassikern der Moderne geltende Arbeit The Second Detail von William Forsythe, einem der bedeutendsten gegenwärtigen Choreografen und Begründer der The Forsythe Company. Basierend auf den Paradigmen des klassischen Balletts entwarf Forsythe seine von der Bewegungssprache der Neoklassik und des Ausdruckstanzes beeinflusste und in einer ironisch anmutenden Wendung gipfelnde Choreografie. Das synästhetische Kunstwerk erfährt weitere sinnliche Höhepunkte unter anderem in dem von Stardesigner Issey Miyake für die Solistin entworfenen Tanzkleid und dem vom niederländischen Komponisten und Spezialisten für elektronische Musik Thom Willems arrangierten Score.

Werkeinführung

Der Ballettabend White Darkness präsentiert drei Kreationen, die dazu einladen, den Ballett-Begriff neu zu denken: William Forsythes Ensemblestück The Second Detail (1991) bricht das traditionelle Ballett-Vokabular auf und erweitert es durch rhythmische wie auch geometrische Verschachtelungen. Dagegen experimentiert Sharon Eyals Half Life (2017) mit der sinnlich pulsierenden Gruppendynamik eines sich kontinuierlich neu formenden Schwarms, der im Sog einer minimalistischen Techno-Kollage zu versinken scheint. Den Schluss des Dreiteilers bildet Nacho Duatos assoziatives Ballett White Darkness (2001), das seine Protagonistin auf der Suche nach Freude und Hoffnung vom leichtsinnigen Spiel mit Drogen, in eine Abhängigkeit und schließlich in eine unkontrollierbare Sucht geraten lässt, in deren düsterer Abwärtsspirale sie sich am Ende verliert. Weitere Details rund um diese Produktionen liefert Ballettdramaturgin Regina Genée.