Ballett

Labyrinth

George Balanchine / Martha Graham / Ohad Naharin / Joseph Hernandez

Vierteiliger Ballettabend

Premiere 3. November 2018

Stück-Info

Der vierteilige Ballettabend ist eine Reise in das Labyrinth der menschlichen Psyche als dem Ort der Leidenschaften, Temperamente, Fantasien und Emotionen: George Balanchines »Vier Temperamente« aus dem Jahr 1946 zeigen tänzerische Assoziation zum Wesen des Melancholikers, Sanguinikers, Phlegmatikers und des Cholerikers. Bühne und Kostüme sind dabei auf ein Minimum reduziert und fokussieren den Blick des Zuschauers auf die präzise Ausführung der neoklassischen Choreografie. Nur ein Jahr später entstand, ebenfalls in New York, die bildstarke Adaption des griechischen Minotaurus-Mythos »Errand into the Maze« für eine Tänzerin und einen Tänzer von Martha Graham. Der israelische Choreograf Ohad Naharin, Schüler Grahams, treibt in seiner 1991 in der Version für fünf Männer entstandenen Choreografie »Black Milk« seine Tänzer in einer energiegeladenen, archaisch anmutenden Kreation über die Bühne, bevor die düster-mysteriöse Choreografie »Songs for a Siren« von Joseph Hernandez, 2018 für das Semperoper Ballett entstanden, die Bühne zum Ort innerer und äußerer Ausweglosigkeit werden lässt.

Songs for a Siren

»Songs for a Siren« – Steckbrief einer Uraufführung

Auf der Suche nach einem Sujet für unser Ballett …

sind meine Ausstatter Yannick Cosso und Jordan Pallagés und ich über verschiedenste Themenbereiche und Assoziationen von Bildern, Filmszenen und im Besprechen von Themen die uns interessieren auf das Thema »Sirene« gekommen. Natürlich kennt man den griechischen Mythos aus der »Odyssee«, wenn die Sirenen mit ihrem überirdisch schönen Gesang Odysseus und seine Gefährten auf die Klippen und damit in den Tod locken wollen. Eine Sirene heutzutage ist ja eher ein Achtungs- bzw. Alarmsignal. Es kann ein Startzeichen für eine Bewegung oder ein Signal für das Ende sein. Etwas wird geschehen. Aber du kannst dich auch irren und etwas für ein Zeichen (der Sirene) halten. In Verbindung mit dem mythologischen Ursprung faszinierte und die Kausalität und vor allem die Ausweglosigkeit. Einmal in die Falle geraten, jemandem oder etwas ausgeliefert zu sein. Falle, Flucht und Anziehungskraft, diese drei Begriffe sind zur Grundsituation des Stückes und den Raum, den wir dazu erdacht haben, geworden. Ich wollte keine Handlung erfinden, sondern mit grundsätzlichen Gefühlen und Ereignissen arbeiten, die jeder Mensch kennt.

Die Gesellschaft …

auf der Bühne, bestehend aus zehn Tänzerinnen und Tänzern, sind Archetypen von Menschen, denen man im Leben begegnen kann, aber auch Situationen, in die man geraten kann.

Die Bühne …

schließt diese Gesellschaft gleichzeitig ein und das Draußen aus. Aber mich interessiert vor allem das in der Falle sitzen, keine Möglichkeit zur Flucht haben, sich auseinandersetzen müssen. Deshalb ist die Bühne in ihrer Ausformung am Rand wie eine Halfpipe, eine nach oben hin über Kopf nach innen verlaufende Rundung gestaltet. Man kann sie nicht erklimmen.

Meine Choreografien …

soll jeder Zuschauer für sich selbst erschließen (können). Ich will keine Lesart vorgeben, nur das Feld der Eindrücke vorgeben. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass ich, wenn ich ins Theater gehe, dort neben der Unterhaltung auch immer etwas Neues erfahre, wenn ich mich auf das Gesehene einlasse und mich damit beschäftige. Im Grunde gilt das auch für meine Art zu arbeiten. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, sich einem Stück zu nähern. Viele Choreografen gehen über Emotionen, Formen oder die vorgesehene Rollenzuteilung männlich, weiblich etc., aber auch in der Aufhebung dieser Zuteilung, indem sie die Rollen tauschen. Bei mir ist es so, dass ich mit einer Idee in den Ballettsaal gehe und alles was mir an Energie, Empfinden der Tänzer entgegenkommt, mit einfließen lasse und sich die Bewegungen daraus ergeben. Man kann eine Choreografie nicht vorher exakt durchplanen, dafür gibt es einfach zu viele Faktoren, die zu bedenken sind.

Die Komposition für mein Stück …

entstand zunächst aus vielen Gesprächen mit Barret über Geschmack und Erwartungen, die das Publikum hier in Dresden an ein Ballett hat, die ich an mich selbst und die er an seine Arbeit hat. Dann kamen Entwürfe von Kostümen und der Bühne dazu und er hat das alles für sich aufgenommen und mit der Arbeit begonnen. Aber wir haben nie konkret über DEN Inhalt gesprochen, das haben wir ganz konkret ausgeschlossen, um das Feld offenzuhalten. Barret schafft sein eigenes Kunstwerk, mit dem ich dann arbeite. Wichtig ist, dass das sein ganz eigener Beitrag zum Stück ist. Ich hätte diese Komposition nicht so verfassen können und er könnte nicht so choreografieren wie ich es tue. S treffen wir uns in der Arbeit. 

Es ist meine erste Produktion auf der großen Bühne …

Das macht mich natürlich ein bisschen nervös, einfach weil ich weiß, wie viele Leute daran beteiligt sind in den Werkstätten, der Kostümabteilung, der Technik und ihre Kraft aufwenden, um mein Ballett auf die Bühne zu bringen. Man trägt eine große Verantwortung. Darüber hinaus ist eine große Ehre für mich, meine Kreation im Laufe eines Ballettabends zu zeigen, der so viele Choreografen umfasst, mit deren Werk ich mich verbunden fühle, z. B. habe ich »Die Vier Temperamente« von Balanchine als Abschlussstück meiner Ausbildung am New York City Ballet getanzt.  Und mit zwei Stücken von George Balanchine und Martha Graham kann man zwei großartige Formen des neoklassischen Ballettes an einem Abend auf unserer Bühne erleben. Danach kommt dann Ohad Naharins Stück, der aus der Martha-Graham-Schule kommt und die Reise des Tanzes ins 21. Jahrhundert führt – und ich darf den Abschluss dieser Reise gestalten. Das ist eine große Herausforderung und ich nehme sie gemeinsam mit meinem Ausstattungsteam an.

Joseph Hernandez

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