Szenenausschnitt aus der Produktion Die Passagierin
Oper

Die Passagierin

»Wenn eines Tages eure Stimmen verhallt sind, dann gehen wir zugrunde«, ruft sich Marta am Ende von Weinbergs »Die Passagierin« ihre Verantwortung ins Gedächtnis und gedenkt damit all jener, die im KZ Auschwitz umgebracht wurden.

Oper in zwei Akten, acht Bildern und einem Epilog von Mieczysław Weinberg
Libretto von Alexander Medwedew nach der gleichnamigen Novelle von Zofia Posmysz

Mehrsprachig mit deutschen und englischen Übertiteln

Premiere
24. Juni 2017

Kurz gefasst

»Wenn eines Tages eure Stimmen verhallt sind, dann gehen wir zugrunde«, ruft sich Marta am Ende von Weinbergs »Die Passagierin« ihre Verantwortung ins Gedächtnis und gedenkt damit all jener, die im KZ Auschwitz umgebracht wurden. Sie selbst war als junge Frau dem Todeslager entkommen. Jahre später begegnet die ehemalige SS-Aufseherin Lisa auf einer Schiffsreise einer Passagierin, in der sie die damals internierte Marta erkennt. Für Lisa dringt schlagartig die sorgfältig verschwiegene Vergangenheit in die angestrengt befriedete Gegenwart ein und ruft ihr ihre Rolle im KZ in Erinnerung: Damals versuchte sie Marta zu ihrem Spielball zu machen, um sie schließlich doch dem Tod auszuliefern.

Basierend auf der autobiografischen Novelle der polnischen Autorin Zofia Posmysz vollendete Mieczysław Weinberg 1968 seine heute bekannteste Oper über Verdrängung, Schuldgefühle und den Umgang mit der eigenen Vergangenheit. Erst 2006 fand die Uraufführung dieses Werkes statt, das in so klaren Bildern und Worten die Schrecken des Konzentrationslagers vorführt, wie sie bisher kaum in einem Bühnenstück dargestellt wurden. In die intensive Atmosphäre von Weinbergs dunklen, zwölftönigen Orchesterklängen brechen wie Hoffnungsschimmer lyrische Passagen, die von der Vergangenheit und dem Leben nach Auschwitz erzählen – einem Leben, das die meisten Gefangenen nicht mehr erfahren sollten. Was überdauert, sind die Erinnerungen an die Ermordeten, auf denen Weinberg ein eindringliches Mahnmal gegen das Verschleiern und Vergessen errichtet.

Handlung

Erster Akt
Erstes Bild. Schiff

1960. Lisa reist mit ihrem Ehemann Walter, einem deutschen Diplomaten auf dem Höhepunkt seiner Karriere, nach Brasilien. Auf dem Dampfer meint Lisa plötzlich, eine Passagierin erkannt zu haben, die sie für tot hielt – Marta. Von dieser Erinnerung verstört, gesteht sie Walter, dass sie während des Krieges SS-Aufseherin in Auschwitz war. Diese Enthüllung führt in eine Ehekrise. Walter fürchtet einen möglichen diplomatischen Skandal. Lisa beauftragt einen Steward, herauszufinden, woher die Passagierin kommt.
Zweites Bild. Appell
1944. Das Lager beim Morgenappell. Drei SS-Männer wechseln in ihrer Langeweile zynische Worte über die Häftlinge. Lisa sucht sich eine polnische Insassin aus, die sie bei der Überwachung unterstützen soll. Es ist Marta.
Drittes Bild. Baracke
In der Frauenbaracke treffen Frauen aus allen Teilen Europas zusammen. Sie spüren den Tod in allen Winkeln des Lagers. Eine Kapo findet einen Zettel auf Polnisch. Marta soll ihn übersetzen. Um die Widerstandsbewegung zu decken, tut sie so, als lese sie einen Liebesbrief an ihren Verlobten Tadeusz vor.

Zweiter Akt
Viertes Bild. Magazin

In der Effektenkammer sortieren die Frauen die Habseligkeiten anderer Häftlinge. Ein SS-Mann sucht nach einer Geige. In einem Lagerkonzert soll ein Häftling den Lieblingswalzer des Kommandanten spielen. Dieser Häftling ist Tadeusz. Als er die Geige abholen will, kommt es zu einem Wiedersehen zwischen ihm und Marta. Lisa bricht die Vorschriften und gestattet das Treffen.

Fünftes Bild. Werkstatt
In der Werkstatt stellt Tadeusz Schmuck für die SS-Offiziere her. Lisa kommt und findet ein Medaillon, auf dem Martas Gesicht als Madonna dargestellt ist. Sie bietet ihm ein weiteres Treffen mit Marta an. Tadeusz lehnt ab. Er will nicht in Lisas Schuld stehen.
Sechstes Bild. Baracke
Martas zwanzigster Geburtstag. Die anderen Insassinnen wünschen ihr die Freiheit. Marta singt ein Lied vom Tod. Lisa kommt herein und entdeckt Martas Rosen von Tadeusz. Sie versucht Marta damit zu provozieren, dass Tadeusz ein weiteres Treffen mit ihr abgelehnt habe. Marta aber bleibt ungerührt und vertraut auf Tadeusz’ Entscheidung. In der Baracke bringt Yvette der Russin Bronka Französisch bei. Katja singt ein inniges Lied über Russland. Eine Stimme ertönt; die Selektion wird verlesen. Lisa verschont Marta, damit sie Tadeusz’ Konzert miterleben kann.
Siebtes Bild. Schiff
In der Kajüte beschließen Lisa und Walter, die Vergangenheit zu vergessen. Sie gehen im Salon tanzen. Dort äußert die Passagierin einen Musikwunsch. Der Lieblingswalzer des Lagerkommandanten erklingt.
Achtes Bild. Konzert
Im Lager versammeln sich Offiziere und Häftlinge zum Konzert. Anstatt des Walzers für den Kommandanten spielt Tadeusz die Chaconne von Bach. Darauf zertrümmern die SS-Männer seine Geige und ziehen ihn von der Bühne.
Epilog. Am Fluss
Marta sitzt alleine am Ufer. Sie erinnert sich an Tadeusz und an ihre Freunde. Sie wünscht sich, dass all diejenigen, die im Lager litten, niemals vergessen werden.

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Making-of

Die Passagierin – Making-of

Anlässlich der Premiere von Mieczysław Weinbergs Oper Die Passagierin sprach die polnische Autorin der literarischen Vorlage, Zofia Posmysz, über ihre Geschichte. In einem Interview, das 2015 in Frankfurt am Main aufgenommen wurde, erzählt sie Hintergründe zur Entstehung des Romans, spricht über die Bedeutung der Musik und über die Unterschiede zwischen ihrer Literaturvorlage und Weinbergs Oper. Zofia Posmysz überlebte das KZ Auschwitz-Birkenau und beschrieb in dem 1962 erschienenen autobiographischen Roman Die Passagierin ihre Erlebnisse während der NS-Zeit.
Stücktrailer

Die Passagierin

Wenn eines Tages eure Stimmen verhallt sind, dann gehen wir zugrunde, ruft sich Marta am Ende von Weinbergs Die Passagierin ihre Verantwortung ins Gedächtnis und gedenkt damit all jener, die im KZ Auschwitz umgebracht wurden. Sie selbst war als junge Frau dem Todeslager entkommen. Jahre später begegnet die ehemalige SS-Aufseherin Lisa auf einer Schiffsreise einer Passagierin, in der sie die damals internierte Marta erkennt. Für Lisa dringt schlagartig die sorgfältig verschwiegene Vergangenheit in die angestrengt befriedete Gegenwart ein und ruft ihr ihre Rolle im KZ in Erinnerung: Damals versuchte sie Marta zu ihrem Spielball zu machen, um sie schließlich doch dem Tod auszuliefern. Basierend auf der autobiografischen Novelle der polnischen Autorin Zofia Posmysz vollendete Mieczysław Weinberg 1968 seine heute bekannteste Oper über Verdrängung, Schuldgefühle und den Umgang mit der eigenen Vergangenheit. Erst 2006 fand die Uraufführung dieses Werkes statt, das in so klaren Bildern und Worten die Schrecken des Konzentrationslagers vorführt, wie sie bisher kaum in einem Bühnenstück dargestellt wurden. In die intensive Atmosphäre von Weinbergs dunklen, zwölftönigen Orchesterklängen brechen wie Hoffnungsschimmer lyrische Passagen, die von der Vergangenheit und dem Leben nach Auschwitz erzählen – einem Leben, das die meisten Gefangenen nicht mehr erfahren sollten. Was überdauert, sind die Erinnerungen an die Ermordeten, auf denen Weinberg ein eindringliches Mahnmal gegen das Verschleiern und Vergessen errichtet.