„Die Musik ist ein Transportmittel“

Ein Gespräch mit James Ley

Der in Amerika geborene Tenor James Ley absolvierte das Opernstudienprogramm der renommierten Juilliard School in New York, war Mitglied des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper und Finalist des Operalia-Wettbewerbs 2022. Er sang seitdem u.a. in Barcelona, Bordeaux und Bern, um nur einige seiner künstlerischen Stationen zu nennen, an denen das internationale Publikum und die Fachpresse den „reinen Ton und unschuldige Ausdruckskraft“ (operawire.com) sowie die „schöne Legato-Linie und silbrige Tenorstimme“ (seenandheard-international.com) schätzten. Seit der Saison 2024/25 gehört der Künstler zum Ensemble der Semperoper Dresden, wo er als Tamino in Die Zauberflöte sein Dresden- und Rollendebüt gab. In dieser Saison ist James Ley bald als Arturo in Lucia di Lammermoor, als Jonathan in der Neuinszenierung Saul und jetzt als Baron Lummer in Axel Ranischs Neuinszenierung von Intermezzo unter der Musikalischen Leitung von Patrick Hahn zu erleben.  Wir sprachen mit James Ley vor der Premiere

Hallo, James, du feierst bis jetzt schon eine „3-D“-Saison in Dresden mit Deinem Haus- und zwei Rollendebüts in der Semperoper?

James Ley: Ja, ich konnte mich in dieser Spielzeit bereits bei der Auftakt!-Veranstaltung dem Dresdner Publikum vorstellen, aber habe zuvor mein Hausdebut als Tamino in Die Zauberflöte gegeben. Das war für mich großartig, da es auch mein Rollendebut war. Sehr cool!

Wie fühlt es sich für Dich an, jetzt hier in der Semperoper in einer Richard Strauss-Oper zu singen?  

JL: Es ist supercool! Ich liebe die Musik von Richard Strauss und finde es fantastisch. Ich hatte schon ein paar Erfahrungen mit seinen anderen Opern. Es war immer eine Herausforderung, aber immer eine sehr erfreuliche und am Ende dann eine tolle Erfahrung.

Ist es auch eine besondere Erfahrung, weil Dresden die Stadt ist, in der vor genau hundert Jahren Intermezzo uraufgeführt wurde, und mit der sich so viele Werke dieses Komponisten verbinden? 

JL: Das ist schon etwas ganz Besonderes, da dieses Orchester, die Staatskapelle, seine Musik liebt. Das ergibt sich einfach schon daraus, dass er hier so präsent war und es eine riesige gemeinsame Historie gibt. Das ist überall zu spüren, wenn man durch dieses wunderschöne Opernhaus geht.

Macht es Dir ein wenig Lampenfieber, dass die Erwartungen des Dresdner Publikums dementsprechend groß sind und die Familie Strauss bei der Premiere mit dabei ist?   

JL: Ja, natürlich zeigt man da Nerven, schon weil wir alle uns so intensiv mit der Premiere beschäftigen. Und wir wollen es gut machen! Das erzeugt schon einen gewissen Druck. Aber wir haben auch sehr viel reingegeben und der Probenprozess gibt uns viel Selbstvertrauen. Aber natürlich auch meine eigenen Erfahrungen aus anderen Häusern, die ich nach Dresden mitbringe. Das alles hilft mir sehr, diese Partie zu singen.

Du bist offensichtlich ein ziemlich junger Tenor. Wie bist Du denn überhaupt zur Musik und zur Oper gekommen?  

JL: Ich habe mich schon in sehr jungen Jahren für jede Art Musik interessiert. Angefangen habe ich mit dem Piano, ich habe Trompete und Gitarre gespielt. Später habe ich dann gesungen. Das Singen fühlte sich für mich sofort easy an, weil es mich auf eine Art und Weise ansprach und herausforderte, die meiner Natur mehr entspricht als meine vorherigen Hobbys oder Interessen. Manchmal gelangt man bei einem Hobby erst nach einer Weile an den Punkt, an dem die Beschäftigung damit so richtig Spaß macht. Vorher denkt man vielleicht, dass ist anstrengend und ich weiß nicht, ob ich das überstehe. Aber mit dem Singen war das anders, da konnte ich weitermachen, ohne dass es mir jemals zu schwer fiel.

Kommst Du denn aus einer musikalischen Familie?

JL: In meiner Familie machen alle Musik, aber es ist nicht der Beruf meiner Eltern. Allerdings komme ich aus einer religiösen Familie und wir haben viel gemeinsam Kirchenmusik gemacht.

Das klingt für europäische Ohren sehr amerikanisch: Von der Kirchenmusik kommend in den Musikberuf zu gelangen. Meinst Du denn, dass Musik immer auch eine Botschaft vermittelt?

JL: In der Tat, ist die Musik ein Transportmittel. In der Kirche ist Musik ein Hilfsmittel, den Menschen hier ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Wenn du für Musik begabt bist, kannst Du damit helfen. Das ist nicht anders, als wenn Du in anderen Dingen eine Begabung hättest. Ein anderer kann vielleicht gut feiern und organisiert besser Partys ...  (lacht).

Aber Du singst in der Oper und vermittelst etwas sowohl mit Singen als auch Spielen. Hat beides gleich große Bedeutung für Dich?

JL: Ich denke, das müssen wir jetzt unterscheiden, wenn wir gerade über die religiösen Ursprünge gesprochen haben. Auf der Bühne kann man zum Beispiel nicht bescheiden sein, Du zeigst den Leuten vielmehr was Du alles kannst, warum Du großartig bist (lacht). Dafür liebt das Publikum Dich.

Du schaust gar nicht aus, wie man sich typischerweise einen Opernsänger vorstellt. Was ist denn zu Hause deine Lieblingsmusik?   

JL: Das nehme ich jetzt mal als Kompliment. Es freut mich, wenn ich privat ganz anders wirke mit meinem Outfit. Und natürlich liebe ich die Musik, die ich auf der Bühne singe. Aber wenn ich zu Hause bin, höre ich auch Aufnahmen von Sängern, die ich momentan schätze, oder ganz andere Musikstücke, die ich gerade besonders mag. Das kann Hip-Hop sein, Stevie Wonder, Neil Young oder Bob Dylan. Es könnten auch mehr kontemporäre Musiker sein. Ich liebe den Künstler Thundercat! Er spielt Bass,  6-String Bass und singt. Er hat eine wirklich tolle Stimme.

Du wirst bald Vater. Sicherlich hörst du bald meist Schlaflieder für Dein Baby. In Englisch oder Deutsch?

JL: (lacht) Beides, ich habe immerhin ein A1-Degree. Ich bin zwar nicht perfekt im Deutschen, aber ich verstehe meistens alles sehr gut.


Interview von Oliver Bernau am 29. Oktober 2024