Semperoper Dresden

Premieren 2021/22

»Norma«

Die Eröffnungspremiere der Spielzeit 2021/22 »Norma« von Vincenzo Bellini stellt die erste Neuproduktion dieses Schlüsselwerks des Belcantos an der Semperoper seit 117 Jahren dar. Zuletzt war es Ernst von Schuch, der das Werk 1904 an der damaligen Dresdner Hofoper herausbrachte. In der Neuproduktion überführte Peter Konwitschny zusammen mit dem Bühnen- und Kostümbildner Johannes Leiacker den Stoff, der ursprünglich in der Welt des unter römischer Besatzung leidenden Galliens spielt, in die Moderne, und machte deutlich, dass der Konflikt der Titelfigur zwischen privatem Glück und öffentlicher Verantwortung, zwischen patriarchal bestimmten Strukturen und Emanzipationsanspruch der Frauen immer noch von packender Aktualität ist. Der Dirigent Gaetano d’Espinosa leitete seine erste Premiere an der Semperoper erfolgreich mit einem herausragenden Ensemble um Yolanda Auyanet als Norma, Dmytro Popov als wankelmütiger Pollione und einer berührenden Štěpánka Pučálková als Adalgisa.

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»Don Carlo«

Giuseppe Verdis für Paris als fünfaktige Grand opéra angelegter »Don Carlos« erklang in der Semperoper in der italienischen Fassung »Don Carlo« und setzte die Auseinandersetzung mit der Tradition der Grand opéra – nach »Les Huguenots/ Die Hugenotten« – fort. Ursprünglich für die Spielzeit 2019/20 mit Christian Thielemann für die Osterfestspiele Salzburg geplant, erlebte die Produktion in der Regie von Vera Nemirova und unter der Musikalischen Leitung von Ivan Repušić ihre gefeierte Premiere. Bühnenbildnerin Heike Scheele hat für diese Oper über die Macht und die Unterdrückung von Gedanken einen monumentalen Bibliotheksraum gebaut. Als Besonderheit dieser Fassung kam ein von Manfred Trojahn eigens komponierter instrumentaler Prolog zur Uraufführung, der die Vorgeschichte der Oper vergegenwärtigt und in die Klangwelt Verdis hineinführt. Vitalij Kowaljow als Filippo II., Riccardo Massi als Don Carlo, Andrei Bondarenko als stürmischer Marquis von Posa, Hibla Gerzmava als Elisabetta di Valois und Anna Smirnova als Prinzessin Eboli begeisterten Publikum wie Presse. 

Eine Koproduktion mit den Osterfestspielen Salzburg

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»La Cenerentola/ Aschenputtel«

Bereits bei der Dresdner Erstaufführung von Gioachino Rossinis »Il viaggio a Reims/ Die Reise nach Reims« war zu erleben, dass die Semperoper und die Sächsische Staatskapelle auch das federnd-leichte und koloraturselig-sentimentale Genre der komischen Belcanto-Oper eines Rossini beherrschen; die richtige Besetzung – u.a. mit einer sensationellen Emily D’Angelo als Angelina, Maxim Mironov als Ramiro, Maurizio Muraro als Don Magnifico und Andrey Zhilikhovsky als Dandini – und eine ideensprühende wie charmante und zeitgenössische szenische Umsetzung vorausgesetzt. Der international gefragte italienische Regisseur Damiano Michieletto gab mit dieser Produktion sein gefeiertes Regiedebüt an der Semperoper und Alessandro De Marchi leitete mit viel Gespür für die Anforderungen der Partitur wie der Szene den Abend musikalisch. 

Eine Koproduktion mit dem Théâtre des Champs-Élysées, Paris

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»Die andere Frau« (Uraufführung)

Im Januar 2022 kam – nach pandemiebedingter Verschiebung – die erste Uraufführung der Intendanz Peter Theiler auf die Bühne der Semperoper: Das Auftragswerk »Die andere Frau« von Torsten Rasch auf ein Libretto von Helmut Krausser. Komponiert für großes Orchester und kleine Solist*innen-Besetzung, erforderte die Aufführung Intimität und Nähe ebenso wie die Dimensionen der Weite. Regisseur Immo Karaman entwickelte dafür zusammen mit dem Bühnenbildner Arne Walther und dem Videokünstler László Zsolt Bordos ein berückendes Raumkonzept, bei dem die Zuschauer auf einer Tribüne auf der Bühne mit Blick in den Zuschauerraum platziert wurden. Das Geschehen ereignete sich auf einem quer laufenden Steg, die Staatskapelle spielte unter der Musikalischen Leitung von Michael Wendeberg im Orchestergraben und im weiten Rund der Ränge etablierten Raumprojektionen so etwas wie einen emotionalen Echoraum zu dem dramatischen Geschehen auf der Bühne. Denn die Oper basiert auf dem alttestamentarischen Bericht von Abraham, Sara und der Magd Hagar, die nicht nur eine dramatische Geschichte um Wanderschaft, Ausgeliefertsein und Machtmissbrauch, Kinderlosigkeit und »Leihmutterschaft« erzählt, sondern auch von der gemeinsamen Wurzel der drei monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam. Mit großer Spielfreude und Intensität waren Markus Marquardt, Magdalena Anna Hofmann, Annelie Sophie Müller und die iranisch-amerikanische Jazzsängerin Sussan Deyhim zu erleben. Letztere interpretierte alte Klagegesänge über die Zerstörung der Stadt Ur aus dem Zuschauerraum heraus … ein beziehungsreiches Werk und geglücktes Experiment, das großes Echo bei Publikum und Presse fand.

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»Aida«

Mit Spannung wurde die erste »Aida« unter der Musikalischen Leitung von Christian Thielemann und der Staatskapelle erwartet. Und die Erwartungen an eine musikalische Ausdeutung, die sowohl die atmosphärische Instrumentationskunst Giuseppe Verdis zum Glühen und Blühen bringt wie auch die Lyrik in den Arien und die packende Dramatik in den großen Chortableaus sollte erfüllt werden. Dafür stand ein erlesenes Gesangsensemble um Krassimira Stoyanova in der Titelpartie, Francesco Meli als Radamès, Oksana Volkova als Gegenspielerin Amneris, Georg Zeppenfeld als Ramfis und Quinn Kelsey als Amonasro zur Verfügung. Regisseurin Katharina Thalbach schuf dafür zusammen mit ihrem Ausstatter Ezio Toffolutti quasi den »goldenen Rahmen«, in dem mit geschickten Referenzen auf die Ägyptenmode verschiedener Epochen die überzeitliche Dimension dieser tragischen Liebe zwischen Staatsraison und individueller Freiheit erzählt wird.

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»Madama Butterfly«

Die internationale Koproduktion von Giacomo Puccinis »Madama Butterfly« mit der Tokyo Nikikai Opera Foundation, Det Kongelige Teater Kopenhagen und der San Francisco Opera konnte nach ihrer Premiere in Japan auf Grund der Corona-Pandemie erst 2022 in Dresden herausgebracht werden. Für die Inszenierung fiel die Wahl auf den japanischen Regisseur Amon Miyamoto, der in den traditionellen japanischen Theaterformen Nō und Kabuki ebenso zu Hause ist wie in Schauspiel, Musical und Oper, und sich mit »Madama Butterfly« zum ersten Mal an der Semperoper vorstellte. Er hat seine Sicht auf die japanisch-amerikanische Liebestragödie – die nicht frei ist von Verzerrungen eines westlichen Blicks auf das Japan des 19. Jahrhunderts – zusammen mit dem Bühnenbildner Boris Kudlička und dem 2020 verstorbenen Stardesigner Kenzō Takada entwickelt. Zusammen mit Kristine Opolais als Cio-Cio-San, Christa Mayer als Suzuki und Freddie de Tommaso in der Rolle des B. F. Pinkerton führte Omer Meir Wellber die Aufführung zu musikalischen Höhen.

Eine Koproduktion mit der Tokyo Nikikai Opera Foundation, dem Det Kongelige Teater, Kopenhagen und der San Francisco Opera

Projekt Partner: Sparkassen-Finanzgruppe Sachsen, Ostsächsische Sparkasse Dresden, Sparkassen-Versicherung Sachsen, LBBW

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»Rusalka«

Die Pflege der Musiktradition der östlichen Nachbarn bildet eine Säule der Programmgestaltung der Semperoper. Auf Bedřich Smetanas »Die verkaufte Braut« folgte mit »Rusalka« Antonín Dvořáks lyrisches Märchen in der Regie des international gefragten und für seine psychologisch feinsinnigen Ausdeutungen gefeierten Regisseurs Christof Loy, der mit dieser Arbeit ebenso sein Debüt an der Semperoper gab, wie die junge Dirigentin Joana Mallwitz, die zum ersten Mal eine Opernproduktion mit der Staatskapelle erarbeitete. In der Titelpartie glänzte Olesya Golovneva, als Prinz war Pavel Černoch zu hören, die fremde Fürstin sang Elena Guseva, Christa Mayer gestaltete die Hexe Ježibaba und Alexandros Stavrakakis überzeugte in der Partie des Wassermannes. Die Koproduktion mit dem Teatro Real Madrid, dem Teatro Comunale Bologna, dem Gran Theatre del Liceu Barcelona und dem Palau de les Arts Reina Sofia, Valencia zeigt einmal mehr die breite internationale Vernetzung der Semperoper. 

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»Die Nase«

Das geniale Frühwerk »Die Nase« des 22-jährigen Dmitri Schostakowitschs von 1930 gilt heute als eines der Schlüsselwerke des Musiktheaters des 20. Jahrhunderts. Die Inszenierung von Peter Konwitschny ist nach der Deutung von Joachim Herz 1986 erst die zweite Produktion an der Semperoper – und schließt sich nahtlos an die Aufführungen weiterer Klassiker der Moderne wie »Moses und Aron« von Arnold Schönberg oder »Le Grand Macabre« von György Ligeti während der Intendanz Peter Theiler an. Besonders in Erinnerung bleiben wird die Produktion sicherlich u.a. dank ihres klaren, die Bühnentechnik in ihren Möglichkeiten auslotenden Bühnendesigns von Helmut Brade sowie einer Regie, die deutlich macht, dass die Gesellschaftsanalyse eines Schostakowitschs noch heute ihre Gültigkeit hat. Vor allem aber auch dank der exzellenten musikalischen Umsetzung der Staatskapelle unter der Musikalischen Leitung von Petr Popelka, die ja der Pflege Schostakowitschs besonders verbunden sind, sowie der hingebungsvollen Darstellung und gesanglichen Interpretation des Kowaljow durch Bo Skovhus.

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»Die kahle Sängerin«

Eugène Ionescos Theaterstück »Die kahle Sängerin« von 1950 – gemeinhin als der Beginn des Absurden Theaters betrachtet – bildetet die Grundlage für Luciano Chaillys gleichnamige Kammeroper aus dem Jahr 1986, die in der Inszenierung von Barbora Horáková Joly ihre Deutsche Erstaufführung in Semper Zwei erlebte. Inszenierung wie Werk bewiesen dabei eine ungemeine Lebendigkeit und einmal mehr, dass die Zeiten des Absurden noch lange nicht vorbei sind; vor allem aber, dass Musiktheater auch in seiner gegenwärtigen Ausformung in höchstem Maße unterhaltsam und tiefsinnig, verstörend und erheiternd sein kann. Und natürlich passt das Werk genau in die Reihe jener zeitgenössischen Opernaufführungen der letzten Jahre, die die Vielfältigkeit und Lebendigkeit modernen Musiktheaterschaffens lustvoll unterstreichen.

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»Blues Brothers«

Das Warten hat sich gelohnt: Gleich mehrmals musste die Inszenierung der »Blues Brothers« pandemiebedingt verschoben werden. Aber als die Dresdner Fassung von Manfred Weiß (Regie) und Natalie Holtom (Co-Regie und Choreografie) zusammen mit der Band »Die Gebrüder Blues« unter der Musikalischen Leitung von Max Renne und einem mitreißenden Ensemble u.a. mit Bosse Vogt als Jake und Christian Venzke als Elwood endlich zur Aufführung kam, gab es spätestens in dem Moment, als ein Trabi die Bühnenrückwand durchbrach, kein Halten mehr. Denn Manfred Weiß hatte zusammen mit seinen Ausstatter*innen Okarina Peter und Timo Dentler das Geschehen kurzerhand nach Ostdeutschland verlegt, und damit auch eine kleine Hommage an die lebendige Blues-Szene der DDR auf die Bühne gebracht. 

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»Into the Woods/ Ab in den Wald«

Seit der Eröffnung der Spielstätte Semper Zwei hat das Musical als ernstzunehmende und in seinem Variantenreichtum immer wieder überraschende Kunstform einen festen Platz in der Programmgestaltung. Zum ersten Mal überhaupt war dabei mit »Into the Woods/ Ab in den Wald« ein Musical von Stephen Sondheim zu erleben. Manfred Weiß (Regie) und Max Renne (Musikalische Leitung) erfüllten sich und den zahlreichen Fans des (vielleicht größten) Musicalkomponisten der Welt einen Märchen-Traum, der mit viel Spielwitz, schnellen Kostümwechseln, Tempo und intelligenten Songtexten kurzweilig (und unterhaltend bis zum bitteren Ende) gelang. Und der Cast um Sarah Maria Sun als Hexe mit einer typgerechten Besetzung aus Ensemblemitgliedern, Gästen und Mitgliedern des Jungen Ensembles riss das Publikum regelrecht mit. 

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»Drei miese, fiese Kerle«

Musiktheater für Kinder und Jugendliche nimmt in der Programmgestaltung einen besonderen Stellenwert auf Semper Zwei ein. Die Dresdner Erstaufführung von Zad Moultakas Musiktheater für Kinder ab sechs Jahren nach dem gleichnamigen Buch von Paul Maar wurde von dem jungen Nachwuchs-Team mit Ilya Ram (Musikalische Leitung), Annika Nitsch (Regie) sowie Linda Siegismund (Bühne und Kostüm) mit Witz und Poesie auf die Bühne gebracht. Nicht nur zur Begeisterung des Publikums, sondern auch des Autors, der die gelungene Produktion zum Anlass nahm, der Semperoper die Erlaubnis für eine weitere Vertonung eines seiner Kinderbücher zu geben …

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»Weiße Rose«

Udo Zimmermanns Kammeroper »Weiße Rose« zählt seit ihrer Uraufführung 1986 zu einer der meistgespielten Kammeropern des Repertoires. In Dresden erlebte das Werk mit der Neuinszenierung des Schweizer Regisseurs Stefan Grögler und unter der umsichtigen Musikalischen Leitung von Johannes Wulff-Woesten ihre zweite Deutung seit ihrer Erstaufführung 1987. In einer klaustrophobisch anmutenden Raumanordnung erzählt die Inszenierung in Rückblenden und Traumbildern eindrücklich von den letzten Stunden von Hans und Sophie Scholl, die als Mitglieder der gleichnamigen Widerstandsbewegung gegen den NS 1943 wegen vermeintlichen Hochverrats hingerichtet wurden. In dem Wunsch, dieses wichtige Werk wieder zu Gehör zu bringen, bündelten sich mehrere Anliegen: Zum einen ist das Werk ein wichtiger Beitrag zu unserer Erinnerungskultur und in der Anlage von überzeitlicher Bedeutung, zum anderen ehrt die Aufführung mit Udo Zimmermann (1943–2021) einen der großen Dresdner Komponisten, dessen Opern »Levins Mühle« und »Der Schuhu und die fliegende Prinzessin« an der Staatsoper Dresden uraufgeführt wurden. 

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