Salome oder: wie die Mutter, so die Tochter?

Die Uraufführung der mit Spannung erwarteten Salome 1905 an der Hofoper in Dresden katapultierte Richard Strauss in die erste Reihe der zeitgenössischen Opernkomponisten.

Mit einer harmonisch unfassbar raffinierten, dabei gleichzeitig sehr atmosphärischen und packenden Musiksprache schuf Richard Strauss knapp 100 Minuten pausenloser Spannung. Der Stoff – ein Skandal: Fordert in der biblischen Vorlage Herodias den Kopf des Propheten, so lässt Richard Strauss ihre Tochter Salome den Satz singen, der die Katastrophe zum Siedepunkt bringt: „Ich will den Kopf des Jochanaan.“ Sein Mund, den sie so gern geküsst hätte, ist nun stumm …

In der Spielzeit 2024/25 wird Evelyn Herlitzius erstmalig als Herodias auf der Bühne der Semperoper zu erleben sein. Die Sängerin ist dem Dresdner Opernhaus seit Jahren verbunden und brillierte hier bereits in mehreren Partien von Richard Strauss und Richard Wagner, 2002 wurde sie zur Sächsischen Kammersängerin ernannt. Als Salome feierte sie bereits in Dresden Triumphe, mit Herodias wird sie nun die andere Frau verkörpern, die den Kopf des Jochanaan fordert. Wer ist diese Königin, die ihren Schwager geheiratet hat, der ständig lüstern ihrer Tochter nachstarrt, während aus den düsteren Tiefen der Verliese und Zisternen die Stimme eines Propheten ertönt, der sie für ihre erneute Heirat und ihren Lebenswandel verflucht? Was verbindet sie mit Herodes, mit dem sie in einem nicht enden wollenden Streitgespräch gefangen zu sein scheint? Und kann die Entfremdung von ihrer Tochter, die Unfähigkeit, einander noch irgendetwas zu sagen, überwunden werden? Welche Gefühle treiben Herodias an?

Bei Evelyn Herlitzius ist diese komplexe, fragwürdige und doch zutiefst menschliche Figur bestens aufgehoben. Sie ist Garantin für eine packende, Stimme und Schauspiel zu einem Ganzen verschmelzende Darbietung. Zuletzt hat sie mit ihren Interpretationen der Gräfin in Pique Dame und der Amme in Die Frau ohne Schatten erneut ihre vielschichtige Darstellung ihrer Figuren unter Beweis gestellt.