„Falstaff ist mehr als eine Komödie – es ist ein Spiegel des Lebens.“
Rosalia Cid über ihr Leben in Dresden, ihre Rolle in Falstaff und über die Zusammenarbeit mit Daniele Gatti
Seit der Spielzeit 2024/25 bist du Sopranistin im Ensemble der Semperoper Dresden. Hast du dich gut in Dresden eingelebt? Was begeistert dich außerhalb des Opernbetriebs?
Ja, sogar sehr. Die ruhige Schönheit Dresdens hilft mir, mich zu fokussieren und mich zu Hause zu fühlen. Außerhalb der Oper finde ich Inspiration in der Literatur und in der Natur – Spaziergänge an der Elbe oder einfach nur das Beobachten des Alltagslebens geben mir die Ausgeglichenheit, die ich brauche, um meine Arbeit auf der Bühne mit Frische zu erfüllen.
In dieser Spielzeit wirst du viele verschiedene Partien singen: Musetta in La Bohème, Nannetta in Falstaff, Sœur Constance in Dialogues des Carmélites und Elena in Der Florentiner Hut. Worauf freust du dich besonders?
Jede Rolle hat ihre eigene Welt, aber Sœur Constance zieht mich besonders an. Ihre Unschuld und ihr Mut sind unglaublich bewegend, und Dialogues des Carmélites ist ein so kraftvolles Stück. Gleichzeitig begeistert mich Musetta aus dem gegenteiligen Grund – sie ermöglicht es mir, auf der Bühne mit Freiheit, Charme und Humor zu spielen.
Die erste Premiere dieser Saison wird Falstaff sein. Du singst die Nannetta. Was reizt dich daran besonders?
Nannetta steht für jugendliche Liebe und Unbeschwertheit, aber sie ist auch sehr entschlossen. Ich liebe es, wie Verdi ihre Musik mit so viel Zartheit und Anmut zeichnet, besonders in ihrem Duett mit Fenton, das sich wie reine Poesie anfühlt. Für mich ist das Singen von Nannetta, als würde ich einen Moment frischer Luft inmitten des Chaos und der Komik um sie herum verkörpern. Sie wirkt zwar leicht und unbeschwert, ist aber auch eine junge Frau, deren Freiheit eingeschränkt ist.
Faszinierend finde ich, wie sie durch die Solidarität der anderen Frauen in der Oper Kraft findet – gemeinsam schaffen sie Raum für ihre Liebe und Unabhängigkeit. Verdis Musik verleiht Nannetta sowohl Zerbrechlichkeit als auch Entschlossenheit, was die Rolle besonders reichhaltig macht.

Rosalia Cid in Falstaff © Semperoper Dresden, Bild: Jochen Quast
Auf unserem Falstaff-Plakat steht: „Stell dir vor, das Leben lacht über dich.“ Was bedeuten dir persönlich Humor und Menschlichkeit, wie Verdi sie in Falstaff zeigt?
Verdi zeigt, dass es die Unvollkommenheit, Torheit und Verletzlichkeit sind, die uns zu Menschen machen und ich glaube, dass dies eine kraftvolle Botschaft für die Bühne und für das Leben ist. Lachen ist wichtig, auch (oder gerade) in ernsten Zeiten.
Für mich ist Falstaff mehr als eine Komödie – es ist ein Spiegel des Lebens.
Als junge Frau, die sich immer wieder fragt, was es bedeutet, wahrhaftig zu leben, erkenne ich in Falstaff die Schönheit der Unvollkommenheit. Obwohl ich diese Partitur fast für vollkommen halte, meine ich dies eher in Bezug auf das, was das Libretto zeigt, insbesondere in der Hauptrolle.
Verdi zeigt, dass das Leben selbst über uns lacht und anstatt uns dagegen zu wehren, können wir zurücklachen. Humor wird so zu einer Form der Weisheit und zu einer Art, das Menschsein mit all seinen Fehlern, Widersprüchen und Verletzlichkeiten zu akzeptieren. Diese Sichtweise trage ich auf der Bühne und auch sonst immer mit mir – sie lässt die Musik zutiefst lebendig wirken.
Du hast bereits mehrfach mit dem Dirigenten Daniele Gatti zusammengearbeitet. Was zeichnet die Zusammenarbeit mit ihm aus deiner Sicht aus? Gibt es einen besonderen Moment, der dir in Erinnerung geblieben ist?
Die Zusammenarbeit mit Daniele Gatti ist immer intensiv und inspirierend. Er verbindet enorme musikalische Autorität mit echter Sensibilität gegenüber Sängern. Diese Präzision und Tiefe geben einem das Gefühl, gleichzeitig herausgefordert und unterstützt zu werden.
Der unglaublichste Moment für mich war unser erstes Treffen bei meinem Vorsingen. Von Anfang an spürte ich ein tiefes musikalisches Verständnis zwischen uns – es war, als würden wir bereits dieselbe Sprache sprechen. Diese Verbindung ist bis heute geblieben und hat sich durch die Zusammenarbeit mit ihm noch vertieft.
Er versteht es auf außergewöhnliche Weise, Präzision mit Offenheit zu verbinden, und das macht jede Zusammenarbeit inspirierend und transformativ.