Don Magnifico
Don Magnifico – eine besondere und doch typische Buffo-Figur
Alessandro De Marchi Die Buffopartien waren die Könige der komischen Oper und Magnifico, was übrigens »der Prächtige« heißt, geht einen langen musikalischen Weg nach oben, um dann sehr tief zu fallen. Er ist eine komische Figur, die zuweilen bis ins Grotesk-alberne gesteigert wird und am Ende ziemlich lächerlich dasteht. Gleichzeitig trägt er menschliche Züge, die seiner Figur Tiefe geben. Seine Gedankengänge sind meist direkt und simpel und machen seine Taten einem breiten Publikum nachvollziehbar.
Damiano Michieletto Don Magnifico ist ein Mann, der sämtliche Hoffnung in seinem Leben verloren hat, er ist ein Zyniker. Er hat keine Frau mehr und muss irgendwie mit den beiden Töchtern zurechtkommen. Gleichzeitig besitzt er eine ausgeprägte Fantasie dafür, wie sein Leben eigentlich aussehen sollte.
Angelina gegenüber verhält er sich überaus gewalttätig, er schlägt und verleugnet sie. Sie putzt und kümmert sich darum, dass »der Laden läuft«. Die Asche, in der Aschenputtel im Märchen ihren Platz hat, übersetzen wir in das Putzmittel, das sie verwendet. Wenn sie Magnifico fragt, ob sie mit zum Ball kommen darf, verstreut er neben dem Inhalt des Mülleimers auch dieses Pulver überall auf dem Boden. (»Ah! sempre fra la cenere. Sempre dovrò restar?« – Ah! Soll ich immer in der Asche bleiben?) Mit dem Aufräumen hat sie genug zu tun und keine Zeit, mit zum Fest zu kommen.
In dieser Weise haben wir das komplette Stück durchdacht und die Motive adaptiert. Aber ich möchte kein modernes Sozialdrama erzählen. Es ist ja eine Komödie! Man soll über die Dinge, die vor allem Magnifico oder Dandini zustoßen, lachen können. Und Rossini hat seine Figuren so menschlich gestaltet, dass man viele Ansatzpunkte für eine moderne Interpretation findet, z.B. Don Magnificos fantastische Vorstellungen davon wie es ist, reich oder der Freund des Prinzen zu sein, umgeben von Menschen, die ihn schätzen und ihn um Rat fragen. Daraus kann man wunderbare Spielszenen bauen.


Alessandro De Marchi Und eben weil Figuren wie Magnifico so beliebt waren, räumte ihnen der Komponist gern eine besondere Behandlung innerhalb des Stückes ein, schrieb ihnen besonders viele, spielfreudige Szenen auf den Leib. Bei Rossini mussten aber auch die Buffo-Figuren wie Don Magnifico und Dandini mit sehr guten Sängern besetzt sein, da er auch ihre Partien zunehmend anspruchsvoller, mit größerer Virtuosität und Farbigkeit versah. Zudem hatten Rossini und sein Librettist Jacopo Ferretti mit »La Cenerentola« eine Charakterkomödie geschaffen, die keine Typen, sondern Individuen mit Vorzügen und Schwächen zeigt. Es gab also auch viel Stoff für die musikalische Ausarbeitung der Figuren und Rossini löst damit die Trennung von ›seria‹ und ›buffa‹ sukzessive auf.
Traditionell werden Buffo-Figuren mit einem Bass besetzt. Die alte Bezeichnung des »basso napoletano« oder »calabrese« verweist darauf, dass er sogar zum Teil im Dialekt (des jeweiligen Publikums) sang. Auch von Don Magnifico bei Aufführungen in Neapel im 19. Jahrhundert ist diese Art und Weise überliefert. Gleichzeitig musste der Bassbuffo ein sehr guter Sänger sein, u.a. den typischen Schnell-Sprech-Gesang perfekt beherrschen, um den hohen musikalischen Anspruch zu erfüllen. Auch die Partie des Dandini, des Dieners, der sich für einen Tag als Prinz ausgeben darf, ist eine klassische Buffopartie, allerdings für einen Kavaliersbariton komponiert und schon ein wenig seriöser. Das sind die klassischen Facheinteilungen dieser Zeit.
Das gesamte Interview mit Alessandro de Marchi (Musikalische Leitung) und Damiano Michieletto (Inszenierung) ist im Programmheft von »la Cenerentola« nachzulesen.