Aus dem Archiv

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Vincenzo Bellinis großer Publikumserfolg »La sonnambula« (»Die Schlafwandlerin«) erlebte schnell ihren weltweiten Durchbruch. Noch im Uraufführungsjahr wurde sie bereits in London und Paris gegeben, bevor sie 1832 erstmals in deutscher Sprache in Budapest und dann 1834 in Wien gegeben wurde.

In Dresden fand am 29. September 1834 die erste Aufführung von Bellinis, neben »Norma« (UA ebenfalls 1831), berühmtester Oper auf deutschem Boden statt. Niemand anderes als die gefeierte Sängerin Wilhelmine Schröder-Devrient sang damals mit großem Erfolg die Amina. Da der Spielplan der Dresdner Hofoper noch bis in die 1830er/40er Jahre von Werken italienischer und französischer Provenienz dominiert wurde, besetzte man Schröder-Devrient, die ihre Bekanntheit vor allem in den Opern des Deutschen Departements der Dresdner Hofoper erlangte, auch in verschiedenen Opern des Belcanto. Neben der Amina war sie u.a. am 20. Februar 1835 auch als Norma und zuvor bereits 1831 in der Hosenrolle des Romeo in Bellinis »I Capuleti e i Montecchi« zu erleben. 

Wilhelmine Schröder-Devrient (1804–1860) galt schon zu Lebzeiten als eine der bedeutendsten dramatischen Sängerinnen. Ihre Auftritte, gleichermaßen von Leidenschaft und Innigkeit geprägt, machten Furore. Sie wurde vom Publikum bejubelt und von zeitgenössischen Künstlern, darunter Ludwig van Beethoven, Carl Maria von Weber und Robert Schumann, hoch verehrt. Vor allem Richard Wagner war von ihrer Bühnenkunst maßgeblich inspiriert – so stark, dass seine »künstlerischen Gefühle plötzlich eine neue und für das ganze Leben entscheidende Richtung« nahmen, wie er selbst schrieb. So hatte die Schröder-Devrient als Inbegriff der singenden Tragödin auch einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Oper.

»La sonnambula« wurde entsprechend im Morrettischen Opernhaus zunächst in italienischer Sprache gegeben und, wie ein Exemplar des damals herausgegebenen zweisprachigen Textbüchleins angibt, mit »Die Nachtwandlerin« übersetzt. Bereits die zweite Produktion von »La sonnambula« wurde als deutschsprachige Erstaufführung am 24. Mai 1846 in der fünf Jahre zuvor neugebauten Ersten Semperoper gesungen. Zwischen 1850 und 1893 folgten noch sechs weitere szenische Interpretationen, alle in deutscher Sprache. 1879 ist sogar als Dirigent Ernst Schuch auf den Aufführungslisten von »La sonnambula« zu finden.

Der Theaterzettel gehört zu den wenigen Dokumenten im Historischen Archiv der Sächsischen Staatstheater, das von den Aufführungen von Bellinis berühmter Oper und hier nun von der letzten Premiere in Dresden zeugt. Unter den Sänger*innennamen fällt vor allem der von Hedwig Camil ins Auge, einer Sopranistin, die zwischen 1892 und 1894 an der Hofoper sang und ebenfalls eine gefeierte Lucia in Donizettis »Lucia die Lammermoor« war.

Fast auf den Tag genau 130 Jahre später ist in Dresden wieder eine Neuproduktion von »La sonnambula« zu sehen, in italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln.