„Wie das Leben selbst“
Jan Josef Liefers spricht über die Liebe zu seiner Heimatstadt, seine Erinnerungen an die Semperoper und den besonderen Humor Loriots
Sie sind gebürtiger Dresdner, stammen aus einer Theaterfamilie und haben sogar eine Tischlerlehre am Staatstheater Dresden absolviert – wie ist es für Sie, jetzt als Erzähler in Candide an die Semperoper Dresden zurückzukehren?
Jan Josef Liefers — Aus meiner Kindheit kenne ich die Semperoper noch als Trümmerhaufen. Noch während meiner Lehrzeit wurden Opern nur im heutigen Schauspielhaus aufgeführt. Mit diesen Erinnerungen fühlt es sich richtig gut an, heute diese Bühne zu betreten, die für jüngere Zeitgenossen längst wieder ein selbstverständlicher und prachtvoller Ort der Musik und Kultur meiner Heimatstadt geworden ist.
Welche Erinnerungen verbinden Sie mit Dresden und der Semperoper?
Ich muss an all die glamourösen Geschichten denken, die meine Oma mir über die Stadt Dresden immer erzählte. Die Schönheit der Architektur, die Prager Straße, wie sie vor der Zerstörung aussah, die großen Künstlerkarrieren, die in Dresden ihren Anfang nahmen. Sie hat die Zerstörung im Keller eines Mietshauses überlebt, mit meiner Mutter im Kinderwagen, die damals knapp ein Jahr alt war. Jede Stadt hat ihre besondere Geschichte, mir ist die Dresdens einfach näher.

Jan Josef Liefers © Nils Schwarz
Sie sind einem breiten Publikum vor allem aus Film und Fernsehen bekannt. Wie ist es für Sie, wieder einmal live aufzutreten?
Die ersten acht Jahre meines Berufslebens habe ich fast ausschließlich Theater gespielt, erst am Deutschen Theater in Berlin, dann am Thalia Theater in Hamburg. Auf Bühnen fühle ich mich noch immer so zu Hause wie vor der Kamera. Man gibt alles für einen unwiederbringlichen Augenblick, live und in Farbe, der nie wieder genauso stattfinden wird. Theater, Ballett und Oper sind insofern wie das Leben selbst.
Als Rechtsmediziner Prof. Dr. Boerne im Münsteraner Tatort lassen Sie sich mit Wagner- Opern die Arbeit versüßen und necken Ihre Kollegin als „Alberich“. Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zur Kunstform Oper? Und zur Musik von Leonard Bernstein, der ein sehr vielfältiges OEuvre von Musicals über Opern bis hin zu Sinfonien geschaffen hat?
Musik, Gesang, Schauspiel, Ausstattung, Licht und oft auch Tanz – das alles vereint die Kunstform Oper zu einem großen Ereignis. Die Musik lotet die Gefühlswelt meist tiefer aus als die Libretti. Und Bernstein war ein großartiger Musikerklärer. Als Komponist hatte er keine Scheu vor „Cross-Overs“, wie man heute sagen würde. Ich mag seine Liebe für den Jazz, seine komplexe Rhythmik und die Dynamik seiner Kompositionen.
Loriot, dessen wunderbare Erzählfassung von Candide Sie in Dresden rezitieren werden, wäre letztes Jahr 100 Jahre alt geworden – was schätzen Sie besonders an seinem Humor?
Ach, er war einfach ein Meister. Er nutzte seine Bildung und verband sie mit seinem messerscharfen Blick für die Lächerlichkeiten unseres Lebens, die vor allem dann ins Auge fallen, wenn wir ganz besonders ernst und staatstragend daherkommen wollen. Trotz aller Ironie spürt man bei ihm immer auch die Liebe zur Kunst und seinen Respekt.
Das Gespräch führte Dorothee Harpain.