Texte zu Noetic

Der polnische Komponist Szymon Brzóska verwendet in seiner Partitur für Sidi Larbi Cherkaouis Ballett Noetic Texte von Platon (428/427 – 348/347 v. Chr.), dem Vater der noetischen Philosophie, und dem römischen Dichter Quintus Horatius Flaccus, genannt Horaz (65 v. Chr. Bis 8 v. Chr.). Diese werden auf Lateinisch von der schwedischen Sängerin Miriam Andersén vorgetragen.  In deutscher Übersetzung lauten die Texte wie folgt:

Horaz, Carmen 11, „An Leuconoe“:

Forsch’ nicht - Frevel ist solches Wissen - danach, wo dir, Leuconoe, 
Dein Ziel Götter gesetzt, oder wo meins; nicht Babyloniens 
Schicksalziffern versuch’. Besser doch ist’s, tragen, was kommen mag, 
Ob Jupiter uns mehr Winter noch gönnt, oder als letzten, der 
Der dort jetzt gegen des Strands kluftigen Wall brausender Tuskerflut
Kraft bricht. Weise gesinnt, kläre den Wein. Hoff’ in der kurzen Frist
Weithin Reichendes nicht. Neidisch entflieht unter'm Gespräch die Zeit; 
Froh drum hasche den Tag, nimmer vertrau’ töricht dem folgenden. 
(Übersetzung durch Adolf Friedrich von der Wecken, 1838) 

Platon, Politeia, Buch 2: 

Ferner ist doch nichts Gutes schädlich: nicht wahr?
Ich glaube, nein.
Und was nicht schädlich ist, schadet auch nicht?
Keineswegs.
Was aber nicht schadet, fügt das Schlechtes zu?
Auch das nicht.
Und was nichts Schlechtes zufügt, wäre denn auch nicht Ursache von etwas Schlechtem?
Wie sollte es nicht?
Weiter: Ist das Gute nützlich?
Ja.
Es ist also Ursache von Glück?
Ja.
Also nicht von allem ist das Gute Ursache, sondern nur von dem Glücklichen, nicht aber von dem Schlechten?
Allerdings, erwiderte er.
So wäre denn auch, bemerkte ich, die Gottheit, als gut, nicht von allem bei den Menschen Ursache, wie die Menge behauptet, sondern nur von wenigem, an dem meisten aber unschuldig; denn des Guten wird uns viel weniger als des Schlechten. Und das Gute darf man auf niemand anderen zurückführen; von dem Schlechten aber muss man irgendwelche andere Ursachen aufsuchen, nicht aber die Gottheit.
(Übersetzung durch Wilhelm Siegmund Teuffel 1855/56)

Platon, Politeia, Buch 9: 

Nun, so antworte mir, sprach ich: Geben wir zu, dass Schmerz das Gegenteil von Vergnügen sei?
Ja, sicher.
Nicht wahr, auch weder Freude noch Schmerz zu haben, ist etwas?
Ja, freilich.
Als Mittelding zwischen beiden (Freude und Schmerz) eine gewisse Pause hinsichtlich dieser Zustände der Seele? Oder nennst du es nicht so?
Ja, sagte er.
(Übersetzung durch Wilhelm Wiegand 1855/56)