Ganz einfache Gedanken über das Theater

von Eugène Ionesco

Wenn mich die Schauspieler störten, weil ihr Tun mir unnatürlich erschien, so kam das wohl daher, weil auch sie zu natürlich sein wollten oder auch wirklich waren. Wenn sie dieses Streben nach Natürlichkeit aufgeben könnten, würden sie die Natur wahrscheinlich auf andere Weise wieder erreichen. Sie dürfen keine Angst haben, nicht natürlich zu sein. 

In meinem ersten Stück Die kahle Sängerin, das zunächst nur eine Parodie auf das Theater sein wollte und damit natürlich auch eine Parodie auf gewisse menschliche Haltungen – in diesem Stück wühlte ich mich förmlich ins Banale ein, ich ging bis zum Bodensatz der verschliffensten Klischees und stieß bis zu den äußersten Grenzen der Alltagssprache vor, um hier an der Grenze des Umschlagens ins Gegenteil eine Ausdrucksweise für das Ungewöhnliche zu gewinnen, in das für mich das Dasein eingelassen ist. Tragisches und Farce, Prosa und Poesie, Realismus und Phantastik, Alltägliches und Ungewöhnliches, das sind vielleicht die dialektischen Prinzipien, die den Boden geben könnten für die Konstruktion eines möglichen Dramas (das Dramatische ist nur in der Spannung der Gegensätze möglich). So könnte vielleicht das Nicht-Natürliche in seiner ursprünglichen Mächtigkeit erscheinen und das Natürlich-Alluzunatürliche seine naturalistischen Aspekte ablegen.