Oper

Wie werde ich reich und glücklich?

Mischa Spoliansky

Kabarett-Revue – Ein Kursus in zehn Abteilungen Buch von Felix Joachimson, Dresdner Fassung von Manfred Weiß

Premiere 2. Juli 2021

In deutscher Sprache

Stück-Info

Wie wäre es, wenn die Werbung wirklich hält, was sie verspricht? Wenn es für jedes Problem eine Lösung gäbe und man Antworten findet, zum Beispiel auf die Frage, wie man reich und glücklich wird? Kibis und Marie probieren es aus: Während Kibis als Arbeitsloser kein Geld hat, langweilt sich die Tochter aus höherem Hause in ihrem goldenen Käfig. Abhilfe und die Lösung aller Probleme verspricht den beiden der umtriebige Pausback, der mit den Leitsätzen seiner »Pausback-Methode« Kibis’ und Maries Leben komplett auf den Kopf stellt. Aber ob man am Ende reich und zugleich glücklich werden kann? Mit ihrer rasanten Geschichte um die Suche nach einem Patentrezept für Reichtum und Glück sorgten Mischa Spoliansky und Felix Joachimson bei der Uraufführung 1930 in der Komödie am Kurfürstendamm für begeisterte Jubelstürme. Für die Dresdner Neuinszenierung in Semper Zwei entwickelte Regisseur Manfred Weiß eine überarbeitete Fassung des Bühnenerfolgs.

Handlung

Kibis und seine Freundin Lis sitzen zu Hause auf dem Sofa und sehen fern. Lis blättert in Zeitschriften und liest Kibis die darin angepriesenen Schönheits- und Gesundheitstipps vor. Die beiden genießen ihr Leben und ihre Unabhängigkeit, bis plötzlich der Vermieter vor der Tür steht und die Zahlung der letzten sieben Monatsmieten einfordert, andernfalls droht er, den Gerichtsvollzieher zu schicken. Kibis hat eine Idee und wendet einen Leitspruch aus einem Werbetrailer des Wunderdoktors Pausback an, den er zuvor gesehen hat. Dieser verspricht darin allen Menschen den Weg zu Reichtum oder Glück mittels leicht verständlicher Leitsätze zu weisen. »Sei zu jedem liebenswürdig, keinen stoß zurück, dann verhilft dir jeder gern zu Reichtum und zu Glück« funktioniert bei dem Vermieter und Kibis kann die Zahlung der überfälligen Miete noch einmal hinauszögern. Nach diesem ersten Erfolg fasst Kibis den Entschluss, sein Leben mithilfe der Pausback-Methode radikal zu ändern. Auch Pausbacks zweiten Ratschlag, sich wie ein reicher Mann zu kleiden, befolgt Kibis und sucht einen Schneider auf. Neu eingekleidet wird er dort von Präsident Regen zunächst für einen Bekannten gehalten. Die Pausback-Methode findet schnell weitere Anhänger*innen: Regens Tochter Marie vertraut ebenfalls auf Pausbacks Heilsversprechen, anders als Kibis plagen sie jedoch keine Geldsorgen, sondern sie möchte endlich glücklich werden. Weder ihr Vater noch ihr Freund F. D. Lohrenz haben Zeit für sie und kümmern sich ausschließlich um ihre Automobil-Geschäfte. Nicht einmal für einen Heiratsantrag findet F. D. Lohrenz den richtigen Moment. Derweil entscheidet sich Kibis, Lis zu verlassen. Im von F.D. Lohrenz geführten Autohaus begegnen sich Kibis und Marie und stellen überrascht fest, dass sie beide Pausbacks Tipps befolgen. Nach dessen Leitsatz Nummer 6 »Hilf den Armen und den Schwachen« und Nummer 7 »Wenn dir ein Mensch gefällt, dann halt ihn fest«, beschließen die beiden zu heiraten. Der erste gemeinsame Urlaub wird zur Zerreißprobe: Pausbacks Leitsätze zum Erhalt des Eheglücks wirken bei Kibis nicht, stattdessen erweist sich F. D. Lohrenz als passenderer Lebenspartner für Marie. Kibis und Marie reichen die Scheidung ein, nachdem sie feststellen müssen, dass Kibis zwar reich, Marie jedoch nicht glücklich geworden ist. Als geschiedene Eheleute verstehen sich die beiden besser denn je und besuchen zusammen mit F. D. Lohrenz und Präsident Regen die Pausback Liveshow, wo sie auf Lis treffen. Pausback erkennt die Stärken und Schwächen seines Publikums genau und schafft es, auch Präsident Regen von seiner Methode zu überzeugen, der sich nichts sehnlicher wünscht als Maries Glück. Pausback bittet F. D. Lohrenz und Kibis auf die Bühne und zeigt den beiden mithilfe eines Gangs über glühende Kohlen, dass sie alles schaffen können. Gestärkt durch diese Erfahrung, macht F. D. Lohrenz Marie einen Heiratsantrag und auch Kibis und Lis finden wieder zueinander.

Interview

Interview mit dem Regisseur Manfred Weiß

»Wie werde ich reich und glücklich?« – Antworten auf diese Frage verspricht Mischa Spolianskys spritzig-ironische Kabarett-Revue

Mischa Spoliansky war im Berlin der 1920er Jahren einer der gefragtesten Kabarett-Pianisten und Komponisten, der mit Stars wie Marlene Dietrich zusammenarbeitete und im aufblühenden Filmmusikgeschäft schnell Fuß fassen konnte. Was macht den Reiz seiner Stücke aus?

Ich habe Mischa Spoliansky vor ein paar Jahren entdeckt, als ich an der Staatsoper Berlin »Es liegt in der Luft« erarbeitet habe, und war sofort begeistert vom Kompositionsstil und seiner kongenialen Zusammenarbeit mit fantastischen Textdichtern wie Felix Joachimson oder Marcellus Schiffer. Bis heute haben diese Texte nichts von ihrem Witz und ihrer Schärfe verloren. Und Spolianskys Musik hat, wie bei allen wirklich großen Revue- oder Musicalkomponisten, wie Kurt Weill oder Stephen Sondheim, eine sehr genaue dramaturgische Funktion und führt dennoch ein Eigenleben, ist hochkomplex und dabei doch leicht und ironisch-witzig. Ich denke da auch immer an Frank Zappa und Randy Newman.   

Finden die Figuren im Stück denn heraus, wie man reich und glücklich wird?

Im Stück gibt es zwei Wege, die zunächst parallel zueinander verlaufen und sich dann miteinander verknüpfen: Kibis verfolgt den Weg des Reichtums und baut auf die Broschüre »Wie werde ich reich?« des Wunderdoktors Pausback. Marie hingegen entscheidet sich für den Ratgeber »Wie werde ich glücklich?«. Mithilfe verschiedener Leitsätze soll das jeweilige Ziel ganz einfach erreicht werden. Pausbacks Leitsätze erinnern dabei stark an die Versprechen heutiger Motivationstrainer und an die Titelseiten verschiedener Zeitschriften, auf denen es etwa heißt »So wurde ich Millionärin« oder »Schlank mit Vitamin C«. Und insgeheim interessiert uns das doch alle, wenn wir mal ehrlich sind, oder?

Diese Themen beschäftigen uns besonders heute, in Zeiten von Selbstoptimierung und gesteigerter Produktivität. Wie bringt man Spolianskys Kabarett-Revue 2021 auf die Bühne?

Uns war es wichtig, das Stück nicht historisch, sondern im Kontext unserer Zeit zu erzählen, denn Glück und Reichtum sind ja das Versprechen jeder Gesellschaftsform, besonders natürlich im Kapitalismus, wo Reichtum gleich Glück sein soll. Über die Jahre ändern sich die Medien der Vermittlung, deshalb haben wir für die Dresdner Fassung das Stück etwas bearbeitet und etablieren u.a. Pausback als multimediale Figur, die nicht nur als Autor einer Broschüre auftritt, sondern tatsächlich aktiv in Kibis’ und Maries Leben eingreift. 

Die Fragen stellte Bianca Heitzer

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