Oper

Der Freischütz

Carl Maria von Weber

Romantische Oper in drei Aufzügen Libretto von Friedrich Kind, Dialogfassung von Werner Hintze

Premiere 1. Mai 2015

In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

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                  Stück-Info

                  Max, einst bester Schütze weit und breit, steckt in einer Pechsträhne. Ein einziger Schuss soll über seine Heirat mit Agathe entscheiden – eine zu wichtige Angelegenheit, um sie dem Zufall zu überlassen. Um Mitternacht in der Wolfsschlucht gießt Max mit dem zwielichtigen Kaspar die verfluchten Freikugeln, die niemals fehlgehen. Der Pakt mit dem Teufel ist besiegelt. »Ins Schwarze getroffen«, jubelte Carl Maria von Weber 1821 nach der Uraufführung. Schon bald galt »Der Freischütz« als die romantische deutsche Oper schlechthin, denn Weber fand nicht nur Töne für die Heimeligkeit des deutschen Waldes, sondern auch für dessen unheimliche Nachtseiten, für Verunsicherung, Zweifel und Angst. Regisseur Axel Köhler erzählt in seiner Inszenierung nicht nur das Schicksal eines jungen Mannes, der sich aus Versagensängsten zum Äußersten treiben lässt, sondern er entwirft das Bild einer orientierungslosen Gesellschaft, die in Ritualen und Hierarchien nach Halt sucht. 

                  Handlung

                  Vorgeschichte
                  Vor langer Zeit war es üblich, dass aufgegriffene Wilddiebe auf einen lebendigen Hirsch geschmiedet wurden. Als der regierende Fürst einmal einen so Bestraften sah, empfand er Mitleid und versprach demjenigen, der den Hirsch erschießen würde, ohne den Mann zu verletzen, eine Erbförsterei. Einem Leibjäger namens Kuno gelang der Meisterschuss. Da jedoch das Gerücht aufkam, der Schütze habe eine Freikugel geladen, legte der Fürst fest, dass in Zukunft jeder, der die Försterei übernehmen wolle, einen Probeschuss auf Befehl des jeweils regierenden Fürsten ablegen müsse. Der gegenwärtige Förster, Urenkel des Meisterschützen und ebenfalls Kuno mit Namen, hat keinen Sohn, so dass sein künftiger Schwiegersohn Max die Försterei übernehmen soll. Der Tag des Probeschusses, an dem Max auch mit seiner Agathe getraut werden soll, rückt heran, doch Max, sonst einer der besten Schützen, verfehlt seit Tagen jedes Ziel.

                  Erster Aufzug
                  Auch beim Sternschießen versagt Max kläglich und wird von den Bauern böse verspottet. Kuno warnt ihn ernstlich: Sollte der Probeschuss misslingen, werde er Agathe nicht heiraten und die Försterei nicht übernehmen können. Der Jägerbursche Kaspar bietet ihm seine Hilfe an: Er zeigt ihm, dass es Kugeln gibt, die nie fehlgehen, und erzählt, wie man sie bekommen kann. Max lässt sich darauf ein, um Mitternacht mit Kaspar in der Wolfsschlucht Freikugeln zu gießen.

                  Zweiter Aufzug
                  Die Möglichkeit, dass Max beim Probeschuss versagen könnte, beunruhigt Agathe zutiefst. Um Trost zu suchen, hat sie einen frommen Mann aufgesucht, der in einer Einsiedelei der Gegend lebt. Der Eremit hat sie vor einer großen Gefahr gewarnt und ihr einen Strauß weiße Rosen geschenkt. Ihre Freundin Ännchen versucht vergeblich, Agathes düstere Vorahnungen zu zerstreuen. Agathe ist erst etwas erleichtert, als Max erzählt, dass sein Jagdglück anscheinend zurückgekehrt ist. Doch er scheint verändert. Unter dem Vorwand, einen erlegten Hirsch aus dem Wald holen zu müssen, nimmt er rasch Abschied, um in die Wolfsschlucht aufzubrechen. Agathe und Ännchen versuchen vergebens, ihn aufzuhalten. In der Wolfsschlucht ruft Kaspar den teuflischen Jäger Samiel herbei, dem er verfallen ist. Er bietet an, ihm Max als neues Opfer ins Netz zu treiben, wenn Samiel ihm die Lebensfrist noch einmal verlängert. Samiel geht auf den Pakt ein, und Kaspar beschwört ihn, die letzte Kugel, deren Ziel Samiel selbst bestimmt, auf Agathe zu lenken. Max überwindet sein Grauen und steigt in die Wolfsschlucht hinab. Begleitet von grauenerregenden Erscheinungen gießt Max unter Kaspars Anleitung sieben Freikugeln.

                  Dritter Aufzug
                  Agathe hatte einen Alptraum, der ihre düsteren Ahnungen zu bestätigen scheint: Sie sah sich als eine weiße Taube, die von Max erlegt wird. Ännchen versucht mit einer grotesken Gespenstergeschichte Agathes Furcht zu vertreiben. Ihre Bemühungen werden endgültig zunichte gemacht, als sich in der Schachtel für den Jungfernkranz eine Totenkrone findet. Agathe bittet Ännchen, ihr einen Kranz aus den weißen Rosen des Eremiten zu winden. Indessen ist Fürst Ottokar begeistert von Max’ Treffsicherheit. Max, dem nur noch eine Kugel bleibt, erbittet von Kaspar dessen letzte, der sie allerdings verweigert und selbst verschießt, damit Max nur noch die von Samiel gelenkte Kugel bleibt. Der Fürst weist ihm eine weiße Taube als Ziel zu, Max, der nichts Gutes ahnt, drückt ab und Agathe und Kaspar stürzen zu Boden. Aber Agathe war nur ohnmächtig, die Kugel hat Kaspar getroffen, der mit einem Fluch auf Gott und den Satan stirbt. Max gesteht, dass er mit Kaspar Freikugeln gegossen hat, und wird vom Fürsten des Landes verwiesen. Da greift der Eremit ein und fordert ein humanes Urteil: Max soll sich über ein weiteres Jahr als tüchtiger Jäger und ehrbarer Mann bewähren und dann Agathe heiraten dürfen. Der Probeschuss wird abgeschafft.

                  Werkeinführung

                  Kaum eine Oper ist so eng mit Dresden, seinen Landschaften und der Semperoper verbunden, wie Carl Maria von Webers romantische Oper »Der Freischütz« von 1821. Johann Casimir Eule führt in die romantische Welt des Werkes ein und erläutert, warum Carl Maria von Webers Wirken als Musikdirektor des »Deutschen Operndepartements« noch heute von Bedeutung. Vor allem aber schlägt er den Bogen zur Neudeutung des Werkes durch Regisseur Axel Köhler, dem zwei Aspekte besonders am Herzen liegen: Der Bezug des Werkes zu Dresden und die generationenübergreifende Erfahrung des Kriegstraumas.

                  Porträtzeichnung des Chefdramaturgen Johann Casimir Eule
                  Johann Casimir Eule, Chefdramaturg; Zeichnung nach einem Foto von Ludwig Olah

                  Regiekonzept

                  »Wer scheitert, wird ausgegrenzt«

                  Axel Köhler im Gespräch zu seiner Inszenierungskonzeption

                  Webers »Freischütz« ist zweifellos die populärste deutsche Oper. Schon die Uraufführung war ein riesiger Erfolg, und der ist dem Stück bis heute treu geblieben. Ist es nicht einschüchternd, wenn ein Stück so beliebt ist?

                  Axel Köhler Das ist es unbedingt. Und ich muss zugeben, dass der »Freischütz« auf meiner persönlichen Liste der Opern stand, die ich nie inszenieren wollte. Nicht etwa, weil ich das Stück nicht mag, sondern weil wohl jeder, der sich auch nur ein wenig für das Musiktheater interessiert, das Stück gut kennt und genau zu wissen glaubt, wie man das inszenieren muss. Das heißt, dass man sich eigentlich, egal, wie man das macht, nur zwischen alle Stühle setzen kann.

                  Was ist an diesem Stück so spannend? Und was kann es uns heute noch zu sagen haben?

                  Axel Köhler Zunächst einmal springt ins Auge, dass das Stück nach dem Willen der Autoren in der Zeit kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg spielt. Und der Krieg ist ein Phänomen, das uns leider immer wieder beschäftigt, weil solche Gewaltausbrüche zwischen Staaten und Völkern oder Bevölkerungsgruppen immer wieder vorkommen. Ich finde es sehr wichtig, dass wir uns mit dem Problem des Krieges immer wieder intensiv auseinandersetzen, um diesen Schrecken vielleicht doch einmal von unserem Planeten verbannen zu können. Und wenn ich auf ein Stück stoße, dass diese Fragen reflektiert, ist mein Interesse auf jeden Fall geweckt. Ein anderes Thema, das für jeden nachvollziehbar und gerade in den letzten Jahren in unserer Gesellschaft schmerzhaft aktuell geworden ist, ist das der Angst vor dem Versagen, die Furcht, dass man die Leistungen nicht erbringen kann, die die Gesellschaft einem abverlangt, und die Angst vor dem sozialen Abstieg, der sich dann oft zwangsläufig ergibt. Dieser Punkt wird vor allem an der männlichen Hauptfigur deutlich: Am Schicksal des Jägers Max, der einen Probeschuss ablegen muss, um die Försterei übernehmen und seine Agathe heiraten zu können, der aber seit einiger Zeit rätselhafterweise jedes Mal beim Schießen versagt. Nun merkt er, wie sich die Menschen in seiner Umgebung langsam von ihm abwenden und ihn mit seinem Problem allein lassen. Wer scheitert, wird ausgegrenzt, das ist eine Erfahrung, die in unserer Gegenwart viele machen. Manche verfallen dann in Depressionen und bringen sich um, andere greifen zu Drogen, um auf Kosten ihrer Gesundheit die Erwartungen doch noch zu erfüllen. Max greift zu einem anderen Mittel: Er beschafft sich Freikugeln und wird so zum »Freischütz«, also zum unglückseligen Titelhelden des Stücks.

                  Das ist eine psychologisierende Erklärung des Geschehens. Die Oper erzählt das anders, da sind es unsichtbare, teuflische Machte, die das Geschehen bestimmen und Max und Agathe fast ins Unglück stürzen. Immerhin handelt es sich hier doch um eine Romantische Oper, letztendlich um eine Gespenstergeschichte.

                  Axel Köhler Wenn man das Stück oberflächlich betrachtet, scheint es nur geeignet, auf Freilichtbuhnen mit dem passenden Ambiente, am besten in der Sächsischen Schweiz gespielt zu werden. Wir müssen aber unterscheiden zwischen der Geschichte, die erzählt wird, und den Assoziationen, die sich daran knüpfen können. Und da bietet dieses Stück jedenfalls mehr als schwärmerische Romantik mit ein paar Gruseleffekten. Und auch die Musik ist ja keineswegs nur eingängig, volkstümlich und zum Mitsingen. Sie ist all dies, aber noch viel mehr: Sie charakterisiert die Situationen sehr präzise und spricht mit geradezu erschreckender Klarheit von den Ängsten und Nöten, die die Figuren antreiben.

                  Muss man also auf der Bühne zeigen, was all diese märchenhaften Vorgänge heute bedeuten? Also die Metaphern auflösen und sichtbar machen, wofür sie stehen?

                  Axel Köhler So etwas wird oft gemacht, aber meiner Ansicht nach ist das der falsche Weg. Denn der Reiz der Oper liegt ja gerade in dieser unheimlichen Geschichte, die jede Spannung verlieren würde, wenn wir zeigen würden, dass es den ganzen Spuk gar nicht gibt. Es kann ja nicht der Sinn einer Opernaufführung sein, den Zuschauern mitzuteilen, dass es keine Gespenster gibt. Das wissen sie ja sowieso. Übrigens finde ich diese gespenstischen Elemente auch theatralisch sehr reizvoll, und Weber hat den Zauberspuk in der Wolfsschlucht musikalisch so suggestiv gestaltet, dass es wirklich schade wäre, das zu rationalisieren und wegzudeuteln. Das Thema dieser Oper ist nicht die Frage, ob es Gespenster gibt oder nicht. Ich glaube ganz grundsätzlich nicht, dass das Theater dazu da ist, die Dinge, die sich auf der Bühne zutragen, zu erklären und auf alles eine Antwort zu vermitteln. Vielmehr geht es darum, Fragen zu stellen; Fragen, die den Zuschauern auf unterhaltsame und berührende Weise zur Beantwortung übergeben werden. Und dafür ist es, meine ich, wichtig, die Geschichte zu erzählen und ihre Requisiten und Voraussetzungen als das zu nehmen, was sie sind.

                  Webers Oper wurde schnell zur deutschen Nationaloper erklärt. Wie geht man mit dieser Hypothek heute um?

                  Axel Köhler Dieser Punkt hat die Rezeption des Stücks lange Zeit sehr bestimmt. Das war sicherlich auch damals sehr wichtig, als Deutschland noch in zahlreiche Kleinstaaten zersplittert war und das Bewusstsein der Deutschen für ihre Zusammengehörigkeit geweckt werden musste. Aber dieses Problem haben wir ja heute nicht mehr. Ich muss auch zugeben, dass mich diese Frage nicht so sehr interessiert. Immerhin tut Webers Oper nicht nur in Deutschland ihre Wirkung. Sie wird auch in anderen Ländern oft und gern gespielt, offensichtlich, weil sie von Dingen handelt, die alle Menschen, unabhängig von ihrer Nationalität und Herkunft interessieren. Und auf diese Punkte kommt es meiner Ansicht nach vor allem an.

                  Zu den Elementen, die in der das nationale Element betonenden Rezeption eine wichtige Rolle spielten, gehört jedenfalls die naive Frömmigkeit, die für das Stück charakteristisch ist, und die typisch deutsch sein soll.

                  Axel Köhler Ich glaube nicht, dass naive Frömmigkeit etwas typisch Deutsches ist oder war. Hinter all diesen Aussagen über das nationale Wesen irgendeines Kunstwerks steckt ja immer viel Propaganda, in diesem Falle nationalistische Propaganda, die heute zum Glück nur noch historische Bedeutung hat. Es gibt in »Effi Briest« eine schöne Szene, die als Kommentar zu solchen Vergleichen dienen kann. Da singt eine Herrenrunde das Preußenlied, dann sagt einer von ihnen ganz gerührt: »So was Schönes hat man in anderen Ländern nicht«, und Instetten antwortet darauf: »In anderen Ländern hat man was anderes.« Nichtsdestoweniger ist das religiöse Element im Stück natürlich nicht zu übersehen, egal, ob man es für typisch deutsch halt oder nicht, und man tut gut daran, es ernst zu nehmen. Es springt ja sofort ins Auge, dass die Frage, ob die Welt einem blinden Schicksal oder gar den finsteren Mächten der Hölle unterworfen ist, oder ob es eine Leitung durch einen guten Gott gibt, der dem Ganzen einen Sinn gibt, eine wichtige Rolle spielt. Man sieht immer wieder, dass die Menschen starke Zweifel haben und das Gottvertrauen entweder ganz verloren haben oder es nur mühsam aufrechterhalten können. Das ist nach dem gerade überstandenen Krieg nicht verwunderlich. Denn alle haben gesehen und erlebt, dass es nur vom Zufall abhing, ob man dem Morden entkam oder auf schreckliche Weise zugrunde ging. Mit der ständigen Angst vor dem Schrecken, dem man hilflos ausgeliefert ist, hat es natürlich auch zu tun, dass man seine Zuflucht zum Glauben oder eben zum Aberglauben nimmt. Oder eben Freikugeln gießt, um sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Dabei ist es wichtig, dass die Freikugeln, die im Stück eine so entscheidende Rolle spielen, direkt mit dem Krieg in Verbindung gebracht werden: Kaspar hat im Krieg mit ihnen Bekanntschaft gemacht, weil er nur mit diesem Zaubermittel sein Leben bewahren konnte. Dafür hat er sich dem Bösen verkauft und muss nun immer neue Opfer herbeischaffen, um seinen Untergang noch etwas hinausschieben zu können.

                  Lässt sich das ganze Stück unter dem Gesichtspunkt der Kriegserfahrung lesen?

                  Axel Köhler Das ist sehr gut möglich und klärt viele ungewisse Punkte auf sehr einfache und nachvollziehbare Weise. Ich muss sagen, dass ich für die Idee, das Stück zu inszenieren, erst so richtig Feuer gefangen habe, als ich diesen Punkt gefunden hatte: Vor dem Hintergrund einer traumatisierten Gesellschaft verstehe ich Agathes Ängstlichkeit viel besser, ebenso aber auch Ännchens Lustigkeit, die oft so übertrieben wirkt. Wenn ich berücksichtige, dass alle Figuren versuchen, mit einer eigentlich unerträglichen Situation klarzukommen, werden viele Einzelheiten viel besser verständlich, und auch die vielleicht etwas seltsam anmutende Religiosität wird nachvollziehbar. Am Ende kommt aber durch den frommen Eremiten alles zu einem guten Ende. Das bleibt abzuwarten.

                  Das Gespräch führte Werner Hintze

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