Oper

Don Carlo

Giuseppe Verdi

Opera in vier Akten Mit einem Prolog für Orchester (Uraufführung) und einem Zwischenspiel für Violoncello solo von Manfred Trojahn
Libretto von Joseph Mery und Camille du Locle in der italienischen Übersetzung von Achille de Lauzieres-Themines und Angelo Zanardini

Premiere 22. Oktober 2021

In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

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  • Werkeinführung (kostenlos)
  • 45 Minuten vor Beginn der Vorstellung im Opernkeller

  • Führungen in der Semperoper
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          Stück-Info

          Eisige Kälte herrscht am spanischen Königshof: Der Thronfolger Don Carlo verliert seine Braut Elisabetta aus politischen Gründen an seinen Vater, den spanischen König. Auch seine politischen Ambitionen kann der Kronprinz nicht verwirklichen. Der König wiederum ist machtlos gegen den glaubensstrengen Großinquisitor. Einzig Carlos Freund Rodrigo kann scheinbar die Grenzen von politischen und privaten Zwängen überwinden. Doch sein kühner Traum von der Freiheit führt in eine Katastrophe. An nahezu allen Figuren seiner 1867 uraufgeführten Oper spielt Giuseppe Verdi sein großes Thema, die Unvereinbarkeit von Politik und privatem Glück, durch und entfaltet so ein bedrückend modernes Gesellschaftspanorama. In Kooperation mit den Osterfestspielen Salzburg zeigt die Semperoper »Don Carlo« in der vieraktigen italienischen Fassung von 1884, ergänzt durch die vom Komponisten Manfred Trojahn neu komponierte instrumentale Einleitung, die die Vorgeschichte des Dramas erzählt.

          Handlung

          Vorgeschichte
          Der spanische Thronfolger Don Carlo soll mit der französischen Prinzessin Elisabetta di Valois verheiratet werden, um nach langem Krieg den Frieden zwischen beiden Ländern zu besiegeln. Im Wald von Fontainebleau begegnen sich die beiden Königskinder und verlieben sich, ohne einander zunächst zu kennen. Unterdessen haben die Königshäuser beschlossen, dass der spanische König Filippo II. selbst die Prinzessin heiratet. Elisabetta wird nach Spanien gebracht.

          Erster Akt 
          Mönche beten für den toten Kaiser Karl V., der einst freiwillig die Macht an seinen Sohn Filippo abgegeben hatte. Im Gedenken an seinen Großvater versucht Don Carlo, seine Liebe zu seiner neuen Stiefmutter zu überwinden. Seinem Freund Rodrigo, Marquis von Posa, gesteht Carlo seine gefährliche Liebe. Posa überzeugt ihn, sich, statt Elisabetta nachzuhängen, für die flandrischen Provinzen einzusetzen, deren Bewohner als Rebellen und Ketzer blutig unterdrückt werden. Als Carlo mitansehen muss, wie König Filippo seine neue Frau zum Altar führt, erkennt er die Ausweglosigkeit seiner Liebe und verspricht Posa, ihn in der flandrischen Sache zu unterstützen. - Die Prinzessin Eboli vertreibt den Hofdamen um Königin Elisabetta die Zeit mit einem maurischen Lied. Rodrigo kann Elisabetta heimlich zu einem Treffen mit Carlo überreden. Carlo bittet sie, sich bei seinem Vater für seine Entsendung nach Flandern einzusetzen. Doch schon nach wenigen Sätzen verliert er sich in Liebesteuerungen. Elisabetta mahnt ihn zur Beherrschung und weist ihn zurück. Kaum ist Carlo davongestürzt, erscheint der König mit seinem Gefolge. Da er die Königin gegen die Hofregeln allein vorfindet, verbannt er ihre engste Hofdame. Der König sucht das Gespräch mit dem Marquis Posa, weil der ihm aufgefallen ist als einziger Höfling, der sich noch nie eine königliche Gunst erbeten hat. Posa nutzt die Gelegenheit, dem König die schlimmen Zustände in Flandern zu schildern, und beschwört ihn, seinen Untertanen mehr Freiheit zuzugestehen. Filippo ist beeindruckt von den offenen Worten und überträgt Posa eine Aufgabe: Er soll herausfinden, ob Elisabetta Carlo noch immer liebt. Außerdem warnt er seinen neuen Günstling vor der Macht der Inquisition.

          Zweiter Akt 
          Don Carlo wartet in einem Garten auf Elisabetta. In einer verschleierten Frau glaubt er die Geliebte zu erkennen, doch in Wahrheit verbirgt sich unter dem Schleier Prinzessin Eboli, die glaubt, dass Carlo in sie selbst verliebt sei. Erschrocken erkennt Carlo die Prinzessin, die sofort begreift, wen Carlo an ihrer Stelle ersehnt hätte. Posa, der die Situation retten will, warnt Eboli, ihr Wissen nicht zu missbrauchen, doch diese enthüllt Carlo, dass Posa nun der Vertraute des Königs ist. Dennoch kann Posa den Prinzen überzeugen, ihm aus Vorsicht seine vertraulichen Briefe zu übergeben.

          Pause

          Beim großen Autodafé versammeln sich der Hof, die Kirche und das Volk, um die Verurteilung von ketzerischem Gedankengut zu feiern. Eine Abordnung Flanderns erbittet Milde für die Provinzen. Don Carlo fordert öffentlich vom König, ihn zum dortigen Statthalter zu machen. Als der König ablehnt, zieht er seine Waffe gegen seinen Vater. Ausgerechnet Posa wagt als einziger, den Thronfolger zu entwaffnen. Das Autodafé nimmt seinen Lauf.

          Dritter Akt 
          König Filippo grübelt über seine Frau, die ihn von Anfang an nicht geliebt hat, und über die Machtlosigkeit eines einsamen Königs. Er lässt den Großinquisitor rufen, der den König an seine Pflicht erinnert, den rebellischen Thronfolger zum Wohl von Reich und Kirche zu bestrafen und Posa der Inquisition auszuliefern. – Elisabetta beklagt sich bei Filippo, dass eine Schatulle aus ihrem Schlafzimmer gestohlen worden sei. Sie ahnt nicht, dass Eboli die Schatulle gestohlen und dem König übergeben hat. Filippo hält seiner Frau ein Bildnis Carlos vor, das er darin gefunden hat, und bedrängt sie mit seiner Eifersucht, bis Eboli und Posa der Königin zu Hilfe eilen. Eboli gesteht der Königin reumütig all ihre Intrigen und ihr eigenes Verhältnis mit dem König. Elisabetta verbannt sie vom Hof. – Posa besucht Carlo im Gefängnis. Er rechnet fest mit seiner Verhaftung und Hinrichtung, da man die belastenden Dokumente Carlos bei ihm gefunden hat. Da streckt ihn ein Schuss aus dem Hinterhalt nieder. Sterbend beschwört Posa den Freund, für die Rechte Flanderns zu kämpfen. Filippo will sich mit seinem Sohn versöhnen, doch Carlo weist ihn als Mörder zurück. Angeführt von der geläuterten Eboli, drängt das rebellierende Volk ins Gefängnis, um Don Carlo zu befreien. Der plötzlich auftretende Großinquisitor schlägt die Rebellion nieder.

          Vierter Akt 
          Elisabetta wartet am Grab Karls V. auf Don Carlo. Gemeinsam erinnern sie sich an ihre erste Begegnung in Fontainebleau. Elisabetta ermutigt Carlo, nach Flandern zu gehen und dort für die Freiheit zu kämpfen. Da erscheint der König und lässt seinen Sohn von der Inquisition verhaften. Doch ein geheimnisvoller Mönch, in dem Filippo den toten Kaiser zu erkennen glaubt, nimmt den Thronfolger mit sich.

          Werkeinführung

          Giuseppe Verdis »Don Carlo« handelt von der Sehnsucht nach persönlicher und politischer Freiheit in einem autoritären Regime. Dramaturg Kai Weßler erläutert Hintergründe des Werkes und der Inszenierung.  

          Porträtzeichnung des Dramaturgen Kai Weßler
          Kai Weßler, Dramaturg; Zeichnung Semperoper

          Pausengespräch mit Heike Scheele

          Heike Scheele gehört zu den renommiertesten Bühnenbildnerinnen der europäischen Theaterszene. Für Vera Nemirovas Inszenierung von »Don Carlo« hat sie einen gewaltigen Bibliotheksraum gebaut. Im Gespräch mit Dramaturg Kai Weßler berichtet sie, wie ihre wandlungsfähigen Räume entstehen.

          Porträtzeichnung der Bühnenbildnerin Heike Scheele
          Heike Scheele, Bühnenbildnerin; Zeichnung Semperoper

          Regiekonzept

          »Wenn wir Kultur vernichten, dann sterben die Utopien«

          Gespräch zwischen der Regisseurin Vera Nemirova und dem Dramaturgen Kai Weßler

          Vera Nemirova, der Grundraum, den Heike Scheele für die Inszenierung gebaut von Verdis »Don Carlo« gebaut hat, ist eine mächtige Klosterbibliothek. Wofür steht dieser Bibliotheksraum?

          Vera Nemirova Die Oper beginnt und endet mit einer Szene im Kloster von San Yuste, dem Rückzugsort des abgedankten Kaiser Karl V., aber natürlich haben wir auch den Escorial, die Palastanlage Philipps II., gedacht, die im Grund ein riesiges Kloster ist. Klosterbibliotheken waren im Mittelalter und in der frühen Neuzeit ein Ort, in dem seit Jahrhunderten Wissen aufbewahrt und vermehrt wurde.

          »Don Carlo« spielt in einer Zeit, in der mit dem relativ neuen Buchdruck auch neue Gedanken entstanden. Bücher werden nicht mehr nur in Klöstern abgeschrieben, sondern in Städten gedruckt, und dort entstehen auch gedruckte Flugblätter, auf denen neues, gegen die Kirche gerichtetes Gedankengut verbreitet werden kann. Es ist also kein Zufall, dass in dieser Zeit auch der erste »Index librorum prohibitorum«, das Verzeichnis der verbotenen Bücher, erscheint.

          Vera Nemirova Und von da an unterscheiden alle autoritären Staaten oder Diktaturen streng zwischen den verbotenen und den staatlich legitimierten Büchern. Genau diese verbotenen Schriften werden für uns zum Dreh- und Angelpunkt der Inszenierung. Ziemlich genau in der Mitte der Oper steht die Autodafé-Szene, also die feierliche Veranstaltung, bei der Ketzer verbrannt werden sollen. Wenn man den Begriff »Autodafé« nachschlägt, dann stößt man schnell darauf, dass Autodafé auch Bücherverbrennung bedeutet, dass hier also verbotenes Gedankengut vernichtet werden soll. Da geht es um Menschen, die durch die Macht des Wortes um ihr Recht kämpfen, frei zu denken. Leider hat es unsere Zivilisation immer noch nicht geschafft, solche Verhältnisse zu überwinden. Es gibt immer noch politisch Verfolgte, die im Gefängnis sitzen, weil sie inhumane Verhältnisse aufgedeckt haben. Verdis Oper wird genau hier aktuell. Von Heinrich Heine stammt der berühmte Satz: »Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt am Ende man auch Menschen.« Der Satz stammt zwar aus einem Stück über die spanische Inquisition, aber er beschreibt die zeitlose Gefahr der Unterdrückung von Gedanken. 

          Verdi selbst hat drei Fassungen seines »Don Carlo« vorgelegt, neben der fünfaktigen französischen Fassung von 1867 noch eine vieraktige italienische Fassung von 1884 sowie eine fünfaktige italienische Version drei Jahre später. Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Wahl der vieraktigen Fassung?

          Vera Nemirova Wir haben uns für die konzentrierte vieraktige italienische Fassung entschieden, weil es die stringenteste Fassung ist. Aber es war uns wichtig, die Vorgeschichte der Handlung zu erzählen, die es nur in der fünfaktigen Fassung gibt. In dem Fontainebleau-Akt wird etwas ganz Entscheidendes erzählt, nämlich wie Carlo und Elisabetta erstmals aufeinandertreffen.

          Anstelle des Fontainebleau-Aktes erleben wir zu Beginn deiner Inszenierung eine Uraufführung, den instrumentalen Prolog, den Manfred Trojahn für diese Aufführung neu komponiert hat. Wie setzt sich diese Musik in ein Verhältnis zu Verdis Oper?

          Vera Nemirova Natürlich gibt es eine Reibung zwischen einer neuen Musik und Verdis musikalischem Text, aber Manfred Trojahn schöpft in diesem Stück unmittelbar aus Verdis akkordischem Material. Er erzählt nicht die äußere Handlung des Fontainebleau-Aktes, aber er stellt einen musikalischen Raum für diese Begegnung her und für den die kurze Utopie des Glückes dieser beider Menschen.

          Eine der zentralen politischen Figuren des Stückes tritt im Grunde genommen gar nicht auf: Kaiser Karl V., der sich als spanischer König Karl I. nannte und der Vater von Philipp und Großvater von Carlo ist. Angesichts der »Unregierbarkeit der Welt« ist Karl 1556 abgedankt und zog sich ins Kloster zurück. Wofür steht Karl V., an dessen Grab die Oper beginnt?

          Vera Nemirova Kaiser Karl V. war der mächtigste Mann seiner Zeit, aber er hat eingesehen, dass Macht kein persönliches Glück bedeutet. Sein Sohn Filippo scheitert an genau diesem Konflikt: Er verfügt über absolute Macht, wird aber nicht geliebt: nicht von seiner Frau, nicht von dem Vater, nicht von dem Sohn. Ich glaube, es war Verdi sehr wichtig, den König als einen Menschen zu zeigen, der an der Einsamkeit der Macht zerbricht. Aber Karl V. ist auch deswegen präsent, weil er den Figuren als eine Alternative zu Filippo erscheint. Am Anfang des Stückes tritt Don Carlo in einen Dialog mit Karl V. und am Ende noch einmal Elisabeth, und dieser Dialog mit dem toten Kaiser ist für die Figuren existenziell.

          Wir kennen von vielen Opern Verdis diese fast resignative, sehr pessimistische Einstellung zur politischen Macht und zum Leben überhaupt. Zeigt uns Verdi aber nicht gerade in »Don Carlo« in der Figur des Marquis von Posa noch eine sehr viel positivere, idealistischen Blick auf Politik? 

          Vera Nemirova Posa ist durchaus Teil des politischen Systems. Er hat einen militärischen Rang. Aber er sieht das Unrecht, das in Flandern durch Philipp verursacht wurde und im Kampf gegen diese Verhältnisse ist ihm jedes Mittel recht. Er glaubt, er könne das System von innen heraus manipulieren bzw. verändern und benutzt dazu sogar die Freundschaft zu Carlo und später die zum König. Posa ist kein Revolutionär, aber in seinen Ideen ist er radikal. Sein Satz »Sire, geben Sie Gedankenfreiheit« zeichnet ihn als einen Schillerschen Helden.

          Dieses »Geben Sie Gedankenfreiheit« ist eine utopische Forderung, und von Utopien war ja vorhin bereits die Rede. Welche Rolle spielen Utopien für die Tragödie um Don Carlo?

          Vera Nemirova Ich sehe den großen utopischen Moment des Stückes in der Begegnung zwischen Elisabeth und Carlo, die wir in dem Prolog zeigen. Die Liebe zwischen Carlo und Elisabetta, die die beiden nie ausleben können, durch zieht die ganze Oper als Ursache der Tragödie. Missglückte Utopien sind oft der Grund für abgrundtiefe Tragödie, und viele der großen politischen Tragödien haben einen utopischen Kern. Wir brauchen Utopien, um zu überleben! Der wesentliche Antrieb für meine Arbeit ist es, Musiktheater zu machen, aus denen der Zuschauer Kraft und Mut für Vision und Utopien schöpfen kann. So lange die Musik erklingt und andauert, ist Utopie möglich, und so lange es kulturelle Werte gibt, gibt es auch Utopien. Denn in der Beschäftigung mit den zunächst toten Buchstaben eines Werkes durch lebende Darsteller treten wir in einen Gedankenaustausch mit unserer Geschichte, und dieser Gedankenaustausch über Vergangenheit und Zukunft hinweg ist eine Notwendigkeit für unser kollektives Gedächtnis. Aber wenn wir Kultur vernichten, dann sterben die Utopien, die unser Lebenselixier sind.

          Das Gespräch führte Kai Weßler. Das vollständige Interview ist im Programmheft zu »Don Carlo« abgedruckt.

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