Oper

Ariadne auf Naxos

Richard Strauss

Oper in einem Aufzug nebst einem Vorspiel Text von Hugo von Hofmannsthal

Premiere 2. Dezember 2018

In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Stück-Info

Ein reicher Mann hat sich für ein Fest von einem jungen Komponisten eine Oper schreiben lassen: Ariadne auf Naxos. Aber weil ihm diese tragische Oper um die von ihrem Geliebten Theseus verlassene Ariadne dann doch nicht unterhaltsam genug ist, lädt er zusätzlich eine Komödiantentruppe ein, die gleichzeitig mit dem Trauerspiel ihre Possen aufführen sollen. Eine Zumutung für den Komponisten, aber auch eine Chance: Denn so prallt die Trauer der verlassenen Ariadne auf die Lebenslust der Komödiantin Zerbinetta. David Hermann lässt in seiner Inszenierung des 1916 uraufgeführten Werkes die Welt der griechischen Tragödie auf die Leichtigkeit des französischen Rokoko treffen. »Ariadne auf Naxos« ist eine Oper über die Oper, über Treue und Wechsel und über die Verwandlungskraft der Liebe.

Handlung

Vorspiel
Im Haus eines reichen Mannes soll die Oper eines jungen Komponisten aufgeführt werden: »Ariadne auf Naxos«. Durch seinen Haushofmeister lässt der Mäzen bekannt geben, dass nach der ernsten Oper noch eine Komödiantentruppefür Unterhaltung sorgen soll. Den Protest des Musiklehrers, des Mentors des Komponisten, kontert der Haushofmeister mit dem Hinweis auf das Recht des zahlenden Auftraggebers. – Der Komponist empfindet die Nachbarschaft einer Komödie zu seinem Werk als Verrat an der Kunst, und die Mitwirkenden der Oper rümpfen die Nase über die Unterhaltungskünstler. Deren Anführerin Zerbinetta macht sich dagegen Sorgen, wie sie die Zuhörer nach der voraussichtlich langweiligen Oper wieder zum Lachen bringen soll. Da kommt der Haushofmeister mit einer weiteren Anweisung: Die Oper und die Komödie sollen nicht nacheinander, sondern gleichzeitig aufgeführt werden. Der Komponist möchte am liebsten sein Werk zurückziehen, doch der Musiklehrer erinnert ihn an sein dringend benötigtes Honorar. Mit der Improvisationskunst der Zerbinetta, rät zudem der Tanzmeister, und einigen Kürzungen der Partitur stehe einer gelungenen Aufführung nichts im Wege. Der Komponist widerspricht zwar noch einmal vehement Zerbinettas Sicht auf den Mythos der Ariadne – doch in ihren Gedanken über Liebe, Treue und das eigene Selbst kommen sich beide näher. Als das Spektakel beginnt, möchte der Komponist am liebsten versteinern.

Oper
Die kretische Königstochter Ariadne hat dem Athener Theseus das Leben gerettet, indem sie ihm geholfen hat, die Bestie Minotauros zu töten und dem Labyrinth ihres Vaters Minos zu entkommen. Statt sie mit nach Athen zu nehmen und zu heiraten, hat Theseus jedoch Ariadne auf der Insel Naxos zurückgelassen. Von drei Nymphen begleitet, wartet die in Trauer erstarrte Ariadne auf den Tod, da ihr ein Leben ohne den geliebten Theseus nicht mehr lebenswert erscheint. – Zerbinetta und ihre Begleiter Harlekin, Brighella, Scaramuccio und Truffaldin versuchen, Ariadne mit Gesang und Tanz aufzuheitern. Doch Ariadne ignoriert die muntere Truppe. Daraufhin erläutert Zerbinetta der verlassenen Frau ihre Überzeugung, dass steter Wandel und Wechsel das Wesen der Liebe ausmachen. Als Ariadne auch davon nichts wissen will, gibt Zerbinetta von ihren vier Verehrern diesmal Harlekin den Vorzug. – Die drei Nymphen kündigen die Ankunft des Bacchus auf der Insel an. Der junge Bacchus, Sohn des Zeus und der Semele, steht noch unter dem Eindruck seiner ersten Erfahrung mit einer Frau, der Zauberin Circe, deren Verwandlungskraft an ihm jedoch abgeprallt ist. Auch Ariadne hält er zunächst für eine gefährliche Zauberin, die Männer in Tiere verwandelt. Ariadne jedoch sieht in Bacchus den Todesboten Hermes, auf den sie so lange gewartet hat. Im Prozess des gegenseitigen Erkennens verwandeln sich beide: Bacchus wird endgültig zum Gott, Ariadne kann sich von der schmerzlichen Liebe zu Theseus befreien.

Werkeinführung

Ein reicher Mann lässt sich für ein Fest von einem Komponisten eine Oper schreiben: »Ariadne auf Naxos«. Aber weil ihm diese tragische Oper um die von ihrem Geliebten Theseus verlassene Ariadne nicht unterhaltsam genug ist, lädt er Komödianten ein, die parallel zur Aufführung der Tragödie ihre Possen darbieten sollen. Wie kommt es zu solch einem Opernstoff, und was haben sich Richard Strauss und sein Librettist Hugo von Hofmannsthal dabei gedacht? Dramaturg Kai Weßler führt in die spannende Entstehungsgeschichte dieses ungewöhnlichen Werkes, seine musikalische Struktur und die zahlreichen Beziehungen zum Mythos, zum Barock und natürlich zur Lebenswelt von Hofmannsthal und Strauss ein. 

Porträtzeichnung des Dramaturgen Kai Weßler
Kai Weßler, Dramaturg; Zeichnung Semperoper

»Ins Dornengehege der Straussschen Koloratur mutig eingedrungen«

Gelobt und hoch geschätzt wurde die Leistung des Ensembles bei der Dresdner Erstaufführung der »Ariadne auf Naxos« im November 1912. Die Kritik war sich einig: »Die Aufführung war wieder eine Glanzleistung des Dresdner Hoftheaters. Ernst von Schuch versteht Strauß zu interpretieren wie kein anderer«. Dem Hofkapellmeister standen mit Eva Plaschke-von der Osten als Ariadne, Fritz Vogelstrom als Bacchus und Margarethe Siems als Zerbinetta großartige Interpreten zur Seite. Mit Minnie Nast als Echo war sogar das berühmte »Rosenkavalier-Terzett« wieder auf der Bühne vereint. Doch selbst sie konnten dem neuesten Werk von Strauss und Hofmannsthal nicht zum erhofften Erfolg verhelfen. »Fehlte schon der Stuttgarter Uraufführung die unbedingte, laute Zustimmung, so war die Stimmung des gestrigen, bei dreifachen Preisen nicht ausverkauften Hauses im ganzen ziemlich lau«, war nach der Premiere in den Dresdner Nachrichten zu lesen.

Bereits zur Uraufführung in Stuttgart sang Margarethe Siems die Partie der Zerbinetta. Eine höchst interessante Besetzung, wenn man bedenkt, dass sie zuvor im »Rosenkavalier« die Marschallin verkörperte, die Aida in Verdis gleichnamiger Oper oder die Venus im »Tannhäuser«. Allesamt Partien, die eher im dramatischen Fach angelegt sind als die Koloraturen der Zerbinetta. Die erste Wahl von Richard Strauss war sie vermutlich nicht. Ihm schwebte eigentlich die damals an der New Yorker Metropolitan Opera engagierte Frieda Hempel vor. Nach deren Unpässlichkeit empfahl sich Margarethe Siems für die Uraufführung sicher dadurch, dass sie bereits für die Dresdner Erstaufführung drei  Wochen später vorgesehen war. Nach einer Probe mit ihr zeigte sich der Komponist aber äußerst zufrieden und telegrafierte an Schuch in Dresden: »Fräulein Siems hat auf heutiger Probe durch unerhört vollendete Wiedergabe der stimmlich und technisch gleich sieghaft vorgetragenen Zerbinetta-Arie bei dem anwesenden Kunstpersonal des Hoftheaters einen rauschenden Triumph errungen«. Die Presse sah das nach der Premiere allerdings etwas weniger euphorisch. »Margarethe Siems’ Koloratur entbehrt zwar der Meisterlichkeit, aber sie vermag doch mit der Stimme so ziemlich überall hinzukommen, freilich nicht zu den vorgeschriebenen höchsten Tönen. Aber über das hohe Dis sollt eigentlich auch kein Komponist hinausschreiben«. 

Der umfangreichen Kritik an der »Ariadne« nahmen sich Strauss und Hofmannsthal nur zögerlich an. Vor allem Strauss hielt zunächst an Molières Schauspiel vor der Oper fest. Erst nach langem Ringen entstand bis 1917 eine zweite Fassung ohne Schauspiel, aber mit musikalischem Vorspiel, welches die Rahmenhandlung zur ursprünglichen Oper bildet. An der Oper selbst hat Strauss nur wenig verändert. Was er allerdings bearbeitete, betraf die Partie der Zerbinetta. Die halsbrecherisch virtuose Arie mit ihrer umfangreichen Kadenz entschärfte der Komponist, indem er die Kadenz kürzte und die gesamte Arie nach D-Dur um einen Ton nach unten transponierte. Die zweite Arie strich er komplett. War Margarethe Siems in der Uraufführung die Anstrengung noch anzuhören, wirkte die Partie in der neuen Bearbeitung, interpretiert durch die Dresdner Sopranistin Liesel von Schuch, leicht und unbeschwert. Dies war »die allerliebste Zerbinetta, die so hübsch sang, wie sich dies tolle Zeug eben ungefähr singen läßt«, urteilte 1917 der Kritiker Eugen Schmitz über die Tochter Ernst von Schuchs. Die Koloratur-Naturstimme war ihr bereits in die Wiege gelegt worden. Mit 22 Jahren an das Königlich Sächsische Hoftheater verpflichtet, bot sie dem Publikum ein umfangreiches Repertoire, das sowohl Partien aus dem Koloratur-, als auch aus dem lyrischen Stimmfach enthielt. Bei ihrem Dresdner Debüt 1914 sang die Künstlerin noch unter dem Dirigat ihres Vaters, kurz vor dessen Tod, dreimal die Violetta in »La Traviata« und zweimal die Rosina in »Der Barbier von Sevilla«. Schon damals war die Presse voll des Lobes: »Die musikalische Leistung mußte jeden Zuhörer mit Freude erfüllen. Die Stimme der jungen Sängerin ist von großem Reiz, ihr sind zarte, edle Klangfarben zu eigen«, wie Georg Irrgang 1914 anerkennend schrieb. Die Rolle der Zerbinetta verkörperte sie nach der Dresdner Erstaufführung der zweiten Fassung von »Ariadne« auch bei der Premiere in der ersten Neuinszenierung 1926. Eugen Schmitz schrieb 1917 in den Dresdner Nachrichten: » … nicht zu vergessen, der graziösen und in das Dornengehege der Straußschen Koloratur mutig eindringenden Zerbinetta Liesel von Schuchs, die nach ihrer Arie freundlichen Sonderbeifall fand«.

Text von Elisabeth Telle. Der vollständige Text ist im Programmheft zur aktuellen »Ariadne auf Naxos«-Produktion nachzulesen.

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